Rickenbacker Bass Bridgepickup, ein "Enthüllungsskandal"

Potis, Schalter, Tonabnehmer, Kondensatoren und Platinen;
wie verschalte ich was richtig?
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capricky
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Rickenbacker Bass Bridgepickup, ein "Enthüllungsskandal"

#1

Beitrag von capricky » 29.12.2011, 14:24

Durch die Anfertigung eines primitiven Magnetometers (Gauss,/Teslameter) wie hier beschrieben: http://www.gitarrebassbau.de/viewtopic.php?f=32&t=1754 , besitze ich nun ein unerwartet starkes Werkzeug zum Aufspüren von "Schlampereien" selbst renommierter Hersteller.
Eine Kundin beklagte sich über die geringe Laustärke der D-Saite ihres 76er Rickenbacker 4001 über den Bridgepickup. Nun hat ein Rickystegbasspickup eine eindrucksvolle Größe, aber bildlich gesprochen sitzt unter der Motorhaube eines V8 Bigblock ein 2-Takt Rasenmähermotor :badgrin: (er ist alt, vintage, ehrwürdig - darüber darf man eigentlich keine Witze machen :oops: )
Egal, ich bin älter, das Teil zerlegt und erstmal eine Messung direkt an den Polstiften (nicht schraubbar) gemacht:
Rickenbacker0.JPG
"1" ist E-Saite, "4" ist D-Saite

(alle Meßwerte in Volt, die Meßvorichtung ist unkalibriert, es kommt hier nur auf die Relationen, die Abweichungen an)

1=0,30 2=0,35 3=0,33 4=0,23

An den äußeren Polen fällt das Magnetfeld also deutlich bist stark ab! Warum ist das so?
Rickenbacker1.JPG
Der Magnet besteht aus einer Art Kunststoff mit der Härte etwa von Bakelit, ist also kein Ferrit. Bearbeitungspuren zeigen, dass das Magnetmaterial mit der Handsäge abgelängt, gebohrt und "beraspelt" wird (oder beknabbert?) Das ist kein mieses Einzelbeispiel, die sehen alle so aus. Egal, solange es "funktioniert". Der Knüller sind jetzt aber die beiden Schlitzschrauben, die die Grundplatte mit Spule und Magnet verbinden. Die sind aus Stahl und sorgen mit einem magnetischen Kurzschluss in den Bohrungen des Magneten (Oberseite zur Spule ist Nordpol, Unterseite an den Schraubenköpfen ist süd) dafür, daß die Flußdichte an den äußeren Polen entsprechend "einknickt". Das ist wahrlich eine Meisterleistung amerikanischer Ingenieurskunst! :cry:
Was tun? Schrauben raus, unmagnetische nehmen (Edelstahl oder Messing, nicht ganz einfach bei UNC 6-32) und messen:

1=0,36 2=0,36 3=0,34 4=0,29

Im Ergebnis eine deutliche Verbesserung, aber an G und D-Saite noch nicht gut. Das kann am Abstand der Polstifte in der Spule liegen, hier lässt sich aber nichts einfach verändern. Wiederum die Frage: was tun? Antwort - Pickupviagra = eine Neodympille!
Rickenbacker4.JPG
nun bin ich bei aller Respektlosigkeit dennoch keiner der ignorant amerikanisches Kulturgut zerstört, ich habe also eine neue Grundplatte angefertigt und die Neodympille dort zur Unterstützung des "Plastikmagneten" eingesetzt. Neue Messung:

1=0,36 2=0,36 3=0,35 4=0,37 (dance a)

Mit dem Ergebnis bin ich jetzt schlauer, glücklich und reicher, die Kundin ist auch glücklich, dafür aber ärmer. Ich finde das gerecht! ;)

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Re: Rickenbacker Basspickup, ein "Enthüllungsskandal"

#2

Beitrag von Alex » 29.12.2011, 14:50

jetzt sag ich mal WOW! Das haetten sicher nicht viele so hinbekommen...ich nehme mal an, dass die Kundin auf der Rechnung nichtmal sieht wieviel Arbeit und hirnschmalz da rein gegangen ist...RESPEKT

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Re: Rickenbacker Basspickup, ein "Enthüllungsskandal"

#3

Beitrag von capricky » 29.12.2011, 15:18

Ganorin hat geschrieben:...ich nehme mal an, dass die Kundin auf der Rechnung nichtmal sieht wieviel Arbeit und hirnschmalz da rein gegangen ist...RESPEKT
Na das will ich doch hoffen, das hat nicht mal eine Stunde gedauert! :badgrin:

capricky


nee, nee, das ist eine meiner ältesten, treuesten und fröhlichsten Kunden/innen, da gibt es schon Sonderkonditionen 8)

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Re: Rickenbacker Basspickup, ein "Enthüllungsskandal"

#4

Beitrag von elektrojohn » 29.12.2011, 15:24

Brillant!
Sowohl die Erkennung des Problems, die einfache Lösung und die verständliche Darstellung hier im Forum...

Danke dafür! (clap3) (clap3) (clap3)

Grüße
Christian
Mein aktuelles Projekt: keins! :( und fertige: 12-StringSemi-Akustik,
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Re: Rickenbacker Basspickup, ein "Enthüllungsskandal"

#5

Beitrag von Poldi » 29.12.2011, 19:00

elektrojohn hat geschrieben:Brillant!
Sowohl die Erkennung des Problems, die einfache Lösung und die verständliche Darstellung hier im Forum...

Danke dafür! (clap3) (clap3) (clap3)

Grüße
Christian
dito. (clap3)

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Re: Rickenbacker Basspickup, ein "Enthüllungsskandal"

#6

Beitrag von Gerhard » 29.12.2011, 19:01

Echt cool gelöst! Was sagt der Hörtest nach der Operation?
Lg

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Re: Rickenbacker Basspickup, ein "Enthüllungsskandal"

#7

Beitrag von bigherb » 29.12.2011, 19:54

....und die Typen sollen ´69 wirklich auf´m Mond jewesen sein.......???????

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Rickenbacker Bass Bridgepickup, ein "Enthüllungsskandal"

#8

Beitrag von capricky » 29.12.2011, 21:13

liz hat geschrieben:Was sagt der Hörtest nach der Operation?
Der sagt auch Problem gelöst!

Also vermutlich haben diesen Serienfehler(?) jetzt nur noch die übrigen zehntausenden Rickenbacker Bässe mit diesem Pickup... (think)

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Re: Rickenbacker Bass Bridgepickup, ein "Enthüllungsskandal"

#9

Beitrag von multistring systems » 30.12.2011, 19:37

Wow, der Bakelit-Magnet ist wirklich ein Skandal :shock:

Legst Du den Sensor direkt auf den Pole?

best
I was born on my birthday, I'm human, and don't tell no one but, I'm naked under my clothes!

http://www.unfretted.com


http://www.gearbuilder.de/fn/

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Re: Rickenbacker Bass Bridgepickup, ein "Enthüllungsskandal"

#10

Beitrag von capricky » 30.12.2011, 20:03

multistring systems hat geschrieben:
Legst Du den Sensor direkt auf den Pole?

best
Direkt druff!

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Re: Rickenbacker Bass Bridgepickup, ein "Enthüllungsskandal"

#11

Beitrag von bigherb » 30.12.2011, 20:52

Vor einiger Zeit gab mir der große weise Mann zu meinen dilletantischen Fragen zum Abnahmesystem der 4000er Baßserie, die Information zum Magnetmaterial folgende Erklärung (ich meine mich daran zu erinnern) Das Magnetmaterial sieht zu weilen aus wie eine "Gummidichtung am Kühlschrank". Das beigelegte Foto zeigte u.A. einen Kabelkanal. Darauf scheint man in Ermangelung einer Fräse mit einem Forstnerbohrer Loch neben Loch gebohrt zu haben. Insgesamt scheint die handwerkliche Philosophie bei Rickenbacker sehr exotisch zu sein.....

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Re: Rickenbacker Bass Bridgepickup, ein "Enthüllungsskandal"

#12

Beitrag von capricky » 31.12.2011, 00:06

bigherb hat geschrieben:Vor einiger Zeit gab mir der große weise Mann zu meinen dilletantischen Fragen zum Abnahmesystem der 4000er Baßserie, die Information zum Magnetmaterial folgende Erklärung (ich meine mich daran zu erinnern) Das Magnetmaterial sieht zu weilen aus wie eine "Gummidichtung am Kühlschrank". Das beigelegte Foto zeigte u.A. einen Kabelkanal. Darauf scheint man in Ermangelung einer Fräse mit einem Forstnerbohrer Loch neben Loch gebohrt zu haben. Insgesamt scheint die handwerliche Philosophie bei Rickenbacker sehr exotisch zu sein.....
Das war die "Erklärung":
Den Pickup kannst Du mit einer Briefkastenklappe und einem Telebasspickup improvisieren, aus dem Du die Alnicopolstifte entfernst, durch Schrauben ersetzen tust und darunter diese Gummimagnetstreifen aus Kühlschranktürdichtleisten klebst - fertig ist der Rickpickup!
http://www.gearbuilder.de/forum/m-12304 ... essum.html

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Re: Rickenbacker Bass Bridgepickup, ein "Enthüllungsskandal"

#13

Beitrag von bigherb » 31.12.2011, 12:01

Gummimagnetstreifen...das war es...!

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Re: Rickenbacker Bass Bridgepickup, ein "Enthüllungsskandal"

#14

Beitrag von bigherb » 31.12.2011, 12:02

Kennt man das Material nicht auch von Magnetschildern u.Ä. ?

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