Vintage, Voodoo und andere Mythen

die Plauderecke für Instrumente, Verstärker und Zubehör von der Stange
Benutzeravatar
khal
Bodyshaper
Beiträge: 224
Registriert: 22.05.2010, 22:25
Wohnort: Lissabon
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#26

Beitrag von khal » 24.05.2010, 10:54

12stringbassman hat geschrieben: Und es ist viel Psychologie im Spiel.
Davon bin ich auch fest überzeugt. Und so rational wir auch zu sein versuchen, ganz freimachen können wir uns nie davon. Das kann nur Mr. Spock (obwohl: der ist ja auch zur Hälfte menschlich…).
Und dann kommt noch der Wintätsch-Schmarrn dazu. Da wird ein Jahrzehnt zur goldenen Ära verklärt; dabei wurden damals aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen die billigsten Materialien verbaut, die der Markt hergab. Sumpfesche z.B. würde man normalerweise noch nicht mal zu Kistensperrholz verarbeiten, so minderwertig ist das Zeugs. Aber kaum wird ein Strat-Korpus draus gefräst.... :roll:
Das Zeug mag minderwertig sein. Aber es hat unsere Hörgewohnheiten geprägt. Wir lieben die Sounds der alten Heroes und möchten sie reproduzieren. Dazu nehmen wir den “Schrott” von damals. Inklusive der kompletten Unvorhersehbarkeit die das mitbringt. Aber das macht auch den Charme des Ganzen aus. Ich weiss nie im Voraus wie das Instrument klingen wird. Mit einer Carbonfaser-Konstruktion hätte ich eine komplette Reproduzierbarkeit der Ergebnisse mit den immer gleichen Messergebnissen. Aber ich glaube ich würde mir beim Spielen solch einer Gitarre wie ein Avatar bei Second Life vorkommen. Human emotional Bullshit, ich weiss…
BTW: ich benutze als Sicherung für meine Gitarrengurte Flaschengummis (die Schaller-Security-Locks sind zwar auch ned schlecht, sind mir aber zu teuer und klappern tun sie auch). Und ich muss schon sagen, dass die blauen besser klingen als die roten :lol: 8)
Schade das du die gelb/grün gestreiften nie probiert hast. Da kommen die Bässe noch ein bisschen straffer... (secret)
So what...?....

Benutzeravatar
taxman
Zargenbieger
Beiträge: 1549
Registriert: 23.04.2010, 22:16
Hat sich bedankt: 30 Mal
Danksagung erhalten: 9 Mal

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#27

Beitrag von taxman » 24.05.2010, 11:15

Diese "vintagesounds" bekommt man ja heute auch in Softwareform, ich denke da wird auch keiner einen Unterschied hören. Ich denke aber auch, das die Psychologische Komponente uns immer etwas mitsteuert.
Und man kann es ja auch als Vorteil sehen, selbst wenn man jemandem erklärt, dass seine nagelneue 3000,-€ PRS auch nur aus Holz und nicht aus magischem, durch Herrn Smith besprochenem Zaubermaterial besteht, er hält daran fest, dass dieses Instrument den Preis definitiv verdient und es nichts besseres gibt. Für jemanden, der mit dem Gitarrenbau Geld verdienen will/muß, ist das ein sehr nützliches Hilfsmittel :D

Viele Leute wollen halt einfach nicht glauben, was man ihnen an ernüchternen Realitäten berichten kann. Ist aber teilweise auch verständlich, warum sollte jemand mir glauben, wo ich doch nur 3-4 Klampfen gebaut habe, dagegen aber eine Hundertschaft von Traditionsunternehmen und Testzeitschriften stehen.

Benutzeravatar
Otz
Ober-Fräser
Beiträge: 655
Registriert: 23.04.2010, 13:57
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#28

Beitrag von Otz » 24.05.2010, 11:33

taxman hat geschrieben: Viele Leute wollen halt einfach nicht glauben, was man ihnen an ernüchternen Realitäten berichten kann.
Jetzt wird's fast schon weltanschaulich. Ich für meinen Teil glaube nicht. An gar nichts. Weder an eine Transzendenz, noch an den Pipper, noch an meine eigenen Messergebnisse. Es gibt kein "wahr", es gibt nur Modelle. Modelle, die das bestmögliche aus Daten machen. Diese (die Modelle) können aber falsch sein und hier kommt der Knackpunkt: Falsifizieren kann man, verifizieren geht nicht.
Um den Bogen zu schlagen: Wenn ich im Doppelblindtest unter standardisierten Bedingungen einen Unterschied zwischen verschieden Kondensatoren hören kann, dann wird er wahrscheinlich da sein und die Hypothese wird zur Theorie befördert. Wenn ich keinen Unterschied höre, dann nehme ich an, dass es keinen gibt und ich lasse die Hypothese fallen. Dann muss ich mir ein neues Modell suchen. Ich lasse mich aber in solch einem Fall gerne vom Gegenteil überzeugen, wenn ich neu Daten bekomme.
Glauben als Konzept passt nicht in mein Weltbild. Entweder man kann etwas zeigen - oder nicht. Und was ich nicht zeigen kann spielt für mich keine Rolle - da es ja keinen Unterschied macht. Das gilt für Kondensatoren, Pipperitis und alles andere.

Benutzeravatar
taxman
Zargenbieger
Beiträge: 1549
Registriert: 23.04.2010, 22:16
Hat sich bedankt: 30 Mal
Danksagung erhalten: 9 Mal

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#29

Beitrag von taxman » 24.05.2010, 12:07

Ich bezog meine Aussage ehr auf das Gesamtkonzept einer Gitarre, als auf diese Kondensatoren.
Ich habe halt mal jemandem erzählt, wie so eine Gitarre gebaut wird und das auch die bekannten Firmen nur mit Wasser kochen. Die Reaktion war eher ungläubig, da die Testmagazine und Firmen ja schließlich wüßten, wovon sie sprechen.
Ich dachte früher auch mal, dass eine Gibson oder sonstige Marke einfach besser sein muß, bis ich mich mal mit der Konstruktion eines Instrumentes und den Methoden der bekannten Firmen auseinander gesetzt habe.

Deinen Standpunkt nur zu glauben, was selbst erlebt wurde oder beweisbar ist erkenne ich natürlich an. Ähnlich denke ich auch. Meistens ;)

Benutzeravatar
Robin
Neues Mitglied
Beiträge: 38
Registriert: 01.05.2010, 22:04
Wohnort: Hamburg
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#30

Beitrag von Robin » 24.05.2010, 12:25

12stringbassman hat geschrieben:Aufgrund solch bekifftem Musiker-BlahBlahs habe ich vor Jahren meinen Job als Tonstudio-Akustiker an den Nagel gehängt.
Wow. Ich fühle mit dir!

Wir hatten vor Kurzem einen Kunden, der erzählte, er habe ein paar Semester Elektrotechnik studiert und könne es sich wirklich nicht erklären, aber ein offener Fünfwegschalter klinge auch viel offener als ein geschlossener.
Man kann an dieser Stelle eigentlich keine Diskussion anfangen. Das hat dieser Mensch gehört, also ist es Realität für ihn. Meine Ex-Freundin schläft besser, seit sie eine strahlenabfangende Kugel neben ihrem Bett stehen hat (ihre Erklärung nach zahlreichen Diskussionen: Man darf da nicht denken, man muss das fühlen). Diese Tests, die 12stringbassman angeführt hat, bei denen ein und die selbe Endstufe einmal total matschig und einmal klar klang, die zeigen doch: Der Mensch nimmt etwas wahr und bewertet es. Wenn ihm jemand oder er selbst auch noch eine schöne Erklärung dazu bietet, ist es Realität geworden. Das ist ja ein sehr menschliches Talent: Nachträglich rationalisieren. Man tut, denkt, erlebt etwas und im Nachhinein hat man sogar eine Erklärung dafür, warum man es getan, gedacht, erlebt hat.
Nun ist die Frage, was man damit anfängt.
Wie gesagt, darüber zu diskutieren hilft an der Stelle wenig. Zwei Möglichkeiten:
Gitarre in die Hand drücken und fragen, was für ein Schalter verbaut ist.
Oder einen offenen Fünfwegschalter verkaufen. Für 40 Tacken, denn die Kontakte sind vergoldet und machen den Ton brillanter.

Wir haben ihm einen offenen Fünfwegschalter verkauft. Aber für den ganz normalen Preis, alles andere wäre unseriös.

PS: Ein sehr schöner Beitrag, OTZ

Benutzeravatar
12stringbassman
GBB.de-Inventar
Beiträge: 5211
Registriert: 25.04.2010, 09:29
Wohnort: Lkr. EBE
Hat sich bedankt: 349 Mal
Danksagung erhalten: 227 Mal

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#31

Beitrag von 12stringbassman » 24.05.2010, 13:00

Robin hat geschrieben:Diese Tests, die 12stringbassman angeführt hat, bei denen ein und die selbe Endstufe einmal total matschig und einmal klar klang, die zeigen doch: Der Mensch nimmt etwas wahr und bewertet es.
In diesem Falle war es eher Wichtighuberei als Wahrnehmung. Die Testpersonen waren hochdekorierte Tonkutscher, die schon die CDs von Hinz und Kunz gemastert hatten. Die müssen irgendetwas hören, sonst würden sie ja ihre eigene Wichtigkeit demontieren. Die würden sich lieber die Zunge abbeißen, als den Satz zu sagen: "Ich höre da keinen Unterschied, klingt alles gleich."
"Denken ist wie googeln, nur krasser!"

cptmorgan
Neues Mitglied
Beiträge: 8
Registriert: 25.04.2010, 23:24
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#32

Beitrag von cptmorgan » 24.05.2010, 14:33

12stringbassman hat geschrieben:
jhg hat geschrieben:Strom fließt doch auch nur in einer Richtung gut - oder?
Pfeil auf's Anschluss-Kabel malen hilft!

Von Planet Waves gibts tatsächlich Kabel wo an einem ende der vertsärkeranschluss markiert ist und am anderen das Instrument, und auf der Verpackung steht das man das ja nicht verwechseln soll...
Einen Unterschied habe ich natürlich rausgehört... :D ;)

Benutzeravatar
DoubleC
Zargenbieger
Beiträge: 1684
Registriert: 25.04.2010, 16:18
Wohnort: Uff 'n Funkturm
Hat sich bedankt: 54 Mal
Danksagung erhalten: 68 Mal

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#33

Beitrag von DoubleC » 24.05.2010, 15:09

jhg hat geschrieben:Ich finde man muss die Kondensatoren immer in verschiedenen Richtungen testen. Strom fließt doch auch nur in einer Richtung gut - oder?
(think) (think) (think) (think)
Äh liebe Genossen........ich war ja nie ein grosser Physiker & Elektrotechniker. Wenn aber bei einem Kondensator anfängt Strom zu fliessen, ist er definitiv im Arsch. Der wird doch nur aufgeladen und entladen......aber Stromfluss ist, soweit ich mich erinnern kann mit einem deutlichen Knallen verbunden.............


Grusz


DoubleC


P.S. in der Popularmusik haben wir es natürlich mit heftigem Pippergequatsche und Dummtüch zu tun..........Mir fällt auf, dass der Krims&Krams den ich zu Hause schlage, je nach Wetterlage, Stimmung und wassweissichnoch dumpf, stumpf, ätztend, blöde, sustainfrei oder halt auch tichtig Gut, mit heftigem Sustain, korrektem Einschwingverhalten und einem Gehörgangschmeichelnden Obertonspektru versehen klingt......und das alles ohne Kapazitorenwechsel.

Ich frage mich, wie stark der EInfluss Luftfeuchtigkeit auf das Verhalten von (Papp)Lautsprechermembranen im Vergleich zu Akustik-Gitarren ist............

Benutzeravatar
expo
Ober-Fräser
Beiträge: 525
Registriert: 26.04.2010, 00:39
Wohnort: inne Stadt
Hat sich bedankt: 19 Mal
Danksagung erhalten: 17 Mal

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#34

Beitrag von expo » 24.05.2010, 15:21

12stringbassman hat geschrieben:
Robin hat geschrieben:Diese Tests, die 12stringbassman angeführt hat, bei denen ein und die selbe Endstufe einmal total matschig und einmal klar klang, die zeigen doch: Der Mensch nimmt etwas wahr und bewertet es.
In diesem Falle war es eher Wichtighuberei als Wahrnehmung. Die Testpersonen waren hochdekorierte Tonkutscher, die schon die CDs von Hinz und Kunz gemastert hatten. Die müssen irgendetwas hören, sonst würden sie ja ihre eigene Wichtigkeit demontieren. Die würden sich lieber die Zunge abbeißen, als den Satz zu sagen: "Ich höre da keinen Unterschied, klingt alles gleich."
Wenn ich Deinen Werdegang lese sind wir nicht soweit voneinader entfernt, ich arbeite halt seit 20 Jahren in diesen Studios und falle in sofern unter den Begriff Tonkutscher. :lol:
Bitte schreib mir mal per PM wer das mit dem Kupferpenny war. ;-)

Ich würde viele von Deinen Aussagen sofort unterschreiben. Das coolste was ich gesehen habe war ein Masteringstudio mit eine Röhrenendstufe in der Abhöre, damit es richtig fett und warm klingt. :lol:
Die Wichtigtuerei ist wirklich vorhanden, aber der pure Technikglaube auch. Die Wahrheit liegt wie oft dazwischen.

Im Vergleich Alt zu Neu, Röhre gegen Transistor und Software zu Original bin ich erstmal ein Verfechter des Bodenständigen.
Die alten Sachen sind einfach wesentlich wertiger hergestellt. Die Qualität der alten Handarbeit ist heute einfach unbezahlbar.
Ein alter Neumann EQ kann einfach Sachen die es heute so in der Form nicht mehr gibt. Manchmal geht es dabei auch nur um die Bedienbarkeit der Sachen. Das Regelverhalten von Potis und Fadern ist ganz entscheidend, gerade wenn man dynamisch mit den Sachen arbeitet. Ich drehe während Aufnahme, Mischung und Mastering immer noch herum. Das geht mit bestimmten Geräten einfach besser als mit anderen. Eine messtechnische Genauigkeit wie von einigen Kollegen bevorzugt ist mir Schnuppe, es zählt was am Ende herauskommt... Mein 50 Jahre alter Gitarrenamp klingt einfach völlig anders als alles was man heute auf dem Markt kaufen kann, ein Transistoramp kann überraschend gut sein, auch ein LINE 6 klingt sehr vielfältig, aber ersetzen kann er den alten eben nicht. Der spielt im Vergleich in einer anderen Liga (nicht immer in der besseren, aber in einer völlig anderen) und hier geht es nicht um kleine dB Unterschiede...
Ich sehe überhaupt keinen Grund für das verteufeln passiver Elektroniken, Ich würde sogar niedrigohmige passive Pickups jederzeit allen anderen vorziehen.. aber ich bin ja kein Basser ;-)

Das beste Messinstrument sind meine Ohren und das Bauchgefühl, alles andere ist mir erstmal .....

Eine gute selbstgebaute Gitarre kann immer mit den gekauften konkurieren...aber bestimmt Dinge kann man so eben nicht mehr bauen oder kaufen. Im Masteringbereich sehe ich das sogar viel eher in der Dynamikbearbeitung als in den EQs. Das Kompressionsverhalten alter Geräte oder Röhren simuliert man nicht mal eben so..und das ist auch nicht einfach mal gemessen.
Die einfache Bedienbarkeit manch alter Dinge und auch die gewünschten Fehler der altvorderen Technik sind einfach nicht immer anders reproduzierbar. Warum auch solange ich ein Original habe. :-)
Letztendlich ist es sogar egal ob billig oder teuer..Vodoo Geräte die Mist sind gab es immer schon. ;-)
Im Einfachen steckt oft erstaunliches, der Gerätehype geht einem auf den Geist. Man braucht nicht viel, aber das muss man auch bedienen können.

Ob all dies auf die Kondensatoren zutrifft?? -- davon rede ich ja gar nicht mehr. 8) Die sehen aber einfach gut aus.
DoubleC hat geschrieben:
P.S. in der Popularmusik haben wir es natürlich mit heftigem Pippergequatsche und Dummtüch zu tun..........Mir fällt auf, dass der Krims&Krams den ich zu Hause schlage, je nach Wetterlage, Stimmung und wassweissichnoch dumpf, stumpf, ätztend, blöde, sustainfrei oder halt auch tichtig Gut, mit heftigem Sustain, korrektem Einschwingverhalten und einem Gehörgangschmeichelnden Obertonspektru versehen klingt......und das alles ohne Kapazitorenwechsel.

Ich frage mich, wie stark der EInfluss Luftfeuchtigkeit auf das Verhalten von (Papp)Lautsprechermembranen im Vergleich zu Akustik-Gitarren ist............
Ich würde sagen das ist alles vorhanden..wie immer gilt: "if it sounds good -it is good" :D

Benutzeravatar
Reverend Sykes
Ober-Fräser
Beiträge: 913
Registriert: 24.04.2010, 01:07
Wohnort: Heidelberg
Hat sich bedankt: 242 Mal
Danksagung erhalten: 95 Mal
Kontaktdaten:

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#35

Beitrag von Reverend Sykes » 25.05.2010, 11:51

khal hat geschrieben:Das Zeug mag minderwertig sein. Aber es hat unsere Hörgewohnheiten geprägt. Wir lieben die Sounds der alten Heroes und möchten sie reproduzieren. Dazu nehmen wir den “Schrott” von damals
Das ist — wie alles in diesem Thread hier — eine Frage des persönlichen Geschmacks. Ich für meinen Teil stehe tatsächlich sehr auf die "alten Heroes" und möchte gerne manche ihrer Lieder nachspielen. Ich habe zwar nicht die Fingerfertigkeit meiner gitarristischen Vorbilder aber dafür einen anderen großen Vorteil: Ich verfüge über vernünftiges Equipment. Während Rory Gallagher nur eine üblicherweise schrottige Strat zum spielen hatte, habe ich die Möglichkeit, weniger minderwertiges Material zu verwenden.
Rory klang nicht so geil weil, sondern obwohl er eine Schrottgitarre spielte. Hätte er ein vernünftiges Instrument verwendet, hätte er noch besser geklungen. So ist das!

Michael Schuhmacher (nur ein Beispiel) hat als Vorbild mal JM Fangio genannt. Deshalb fährt er noch lange nicht mit einem Oldtimer durch übern Ring.

Die Klassiker gefallen mir deshalb so gut, weil es für mich großartige Kompositionen sind, nicht weil sie gut klingen. Ich habe bis heute nicht eine Aufnahme von Peter Green oder Jimi Hendrix gehört, die einen halbwegs annehmbaren Klang hätte. Heute würde man bei einem solchen Ergebnis den Tontechniker und/oder das Equipment rauswerfen.
Beim Hendrix hat man den beschissenen Klang in Kauf genommen, weil man Hendrix-Interpretationen eben nicht besser bekommen hat. Wie hat die rheinische Runzelrübe Adenauer mal gesagt: "Man schüttet kein faules Wasser weg, solange man kein frisches hat."

Nun ja, inzwischen haben wir etwas bessere Technik — gibt also keinen Grund mehr, weiterhin das faule Wasser zu benutzen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, daß meine Signatur niemals besser unter einen Thread gepaßt hat. ;-) (rocking) (player3)

Grüße

Rüdiger
Liebe Grüße
Rüdiger


"Blues players don't mess around with the guitar, they hit the bloody thing." (Rory Gallagher)
…m;les to go before I sleep…
Für Eile hab ich keine Zeit.

Benutzeravatar
12stringbassman
GBB.de-Inventar
Beiträge: 5211
Registriert: 25.04.2010, 09:29
Wohnort: Lkr. EBE
Hat sich bedankt: 349 Mal
Danksagung erhalten: 227 Mal

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#36

Beitrag von 12stringbassman » 25.05.2010, 12:01

@Rüdiger:

Ich werde Dich in mein Abendgebet mit einschließen! ;) Treffender hätte man es nicht auf den Punkt bringen können.

Ein gutes Beispiel zu diesem Thema ist John Entwistle, Bassist von The Who. Hört Euch mal die Aufnahmen aus den verschiedenen Epochen seiner langen Schaffenszeit an. Er war immer auf der Suche nach dem ultimativen Sound und hat sich so ständig weiterentwickelt. Er war z.B. einer der ersten mit Roundwounds, mit aktiver Elektronik usw.
"Denken ist wie googeln, nur krasser!"

Benutzeravatar
khal
Bodyshaper
Beiträge: 224
Registriert: 22.05.2010, 22:25
Wohnort: Lissabon
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#37

Beitrag von khal » 25.05.2010, 13:49

bussela hat geschrieben:
khal hat geschrieben:Das Zeug mag minderwertig sein. Aber es hat unsere Hörgewohnheiten geprägt. Wir lieben die Sounds der alten Heroes und möchten sie reproduzieren. Dazu nehmen wir den “Schrott” von damals
Das ist — wie alles in diesem Thread hier — eine Frage des persönlichen Geschmacks. Ich für meinen Teil stehe tatsächlich sehr auf die "alten Heroes" und möchte gerne manche ihrer Lieder nachspielen. Ich habe zwar nicht die Fingerfertigkeit meiner gitarristischen Vorbilder aber dafür einen anderen großen Vorteil: Ich verfüge über vernünftiges Equipment. Während Rory Gallagher nur eine üblicherweise schrottige Strat zum spielen hatte, habe ich die Möglichkeit, weniger minderwertiges Material zu verwenden.
Rory klang nicht so geil weil, sondern obwohl er eine Schrottgitarre spielte. Hätte er ein vernünftiges Instrument verwendet, hätte er noch besser geklungen. So ist das!
Die Klassiker gefallen mir deshalb so gut, weil es für mich großartige Kompositionen sind, nicht weil sie gut klingen. Ich habe bis heute nicht eine Aufnahme von Peter Green oder Jimi Hendrix gehört, die einen halbwegs annehmbaren Klang hätte. Heute würde man bei einem solchen Ergebnis den Tontechniker und/oder das Equipment rauswerfen.
Beim Hendrix hat man den beschissenen Klang in Kauf genommen, weil man Hendrix-Interpretationen eben nicht besser bekommen hat. Wie hat die rheinische Runzelrübe Adenauer mal gesagt: "Man schüttet kein faules Wasser weg, solange man kein frisches hat."

Nun ja, inzwischen haben wir etwas bessere Technik — gibt also keinen Grund mehr, weiterhin das faule Wasser zu benutzen.
Das Thema entfernt sich immer weiter von seinem Ursprung (Pios aus Russland..) und wird immer mehr zu einer Grundsatzdiskussion: Vintage, Voodoo und andere Mythen…
Vielleicht sollten wir dazu mal einen Thread aufmachen. Weil die Diskussion als solche doch echt spannend ist.

Aber da wir gerade hier sind und ich zitiert wurde: ich habe “Schrott” bewusst mit Anführungszeichen geschrieben. Weil in dieser Diskussion einige die Meinung vertreten, dass die alte Technologie (hochohmige Pickups etc…) Schrott von gestern sind. Das mag sein. Aber wir mögen den Klang. Sonst würden wir doch alle aktive EMGs einbauen. Mag doch nicht wirklich jeder, oder. Und Clapton klang am schrecklichsten, als er in den 80ern die Lace Sensors mit Pre-Amp in seinen Strats hatte (und auch noch von Phil Collins produziert wurde (warning)) . Er ist doch längst wieder zu seinem Vintage-Zeug zurückgekehrt.

In einem Interview mit Jeff Beck habe ich mal gelesen (bitte fragt mich nicht wann und wo, aber ich habe es noch ganz lebendig in Erinnerung), dass er das Gefühl braucht mit der Gitarre zu kämpfen, ihr den Ton abtrotzen zu müssen. Eine aalglatte PRS mit perfekter Saitenlage (bitte nicht schimpfen, ich habe nichts gegen PRS Gitarren) wäre demnach nichts für seinen Stil.

Das Gleiche lässt sich von SRV berichten. Dan Erlewine beschreibt seine Saitenlage als unmöglich. Kabeldicke Saiten, extrem hochgelegt. Kaum spielbar für jemand anderes. Obwohl er sich jede High-Tech Klampfe dieser Welt hätte leisten können. Zu seinen Lebzeiten gab es all diese modernen Sachen ja bereits.
Manche Musiker brauchen diese Herausforderung um inspiriert Musik machen zu können.

Dann hört Euch mal Aufnahmen von Larry Carlton aus den Siebzigern an (seine Arbeit mit Steely Dan ist hier richtungsweisend, aber auch solo). Vorwiegend mit seiner alten ES 335 und alten Amps (vorwiegend Fender Deluxe Reverb, später Dumble). In den Achtigern war er dann “modern”. Valley Arts Strats (niederohmige Pickups?). Klangtechnisch furchtbar. Transparent und rauschfrei aber leblos. Heute ist er wieder bei seinen Wurzeln und klingt gut.

Rory Gallagher war doch nicht arm. Er war zwar nicht steinreich, aber eine frische Strat hätte er sich ja wohl allemal leisten können. Fender hätte sie ihm wohl sogar geschenkt… Er wollte nicht. Er mochte das alte Ding.
Und dass Du Peter Greens Aufnahmen klangtechnisch schlecht findest kann ich nicht finden. Gut, die alten Sachen aus den Sechzigern vielleicht. Aber in den Siebzigern schon nicht mehr.

Fazit: es gibt viel Voodoo-Gequatsche, vieles ist reiner Blödsinn, da habt ihr recht. Da kann ich auch nur die Augen verdrehen. Aber an Vielem von dem alten Zeug hängen wir einfach.

Guckt doch mal rüber zur klassischen Musik. Was die da für ein Brimborium mit den Stradivaris machen (welchen Leim hat er wohl verwendet, welchen Lack….). Dabei hat Herr Stradius das Gleiche wie Leo Fender gemacht: das genommen was gerade zur damaligen Zeit rumlag.

Und jetzt oute ich mich: ich habe zwei Vollröhren-Amps aber auch einen Line 6 Flextone III in Stereo. Und manchmal (je nach Laune und Musikstil) gefallen mir seine Simulationen besser als die analogen Sounds. Ich bin also kein Dogmatiker, ganz im Gegenteil.


An alle einen schönen Tag…
khal
So what...?....

Benutzeravatar
expo
Ober-Fräser
Beiträge: 525
Registriert: 26.04.2010, 00:39
Wohnort: inne Stadt
Hat sich bedankt: 19 Mal
Danksagung erhalten: 17 Mal

Vintage, Voodoo und andere Mythen

#38

Beitrag von expo » 25.05.2010, 16:51

Also sagen wir mal Hendrix ist sehr gewöhnungsbedürftig..aber bei Peter Green gibts schon sehr geile Gitarrensounds und in den Jahren darauf auch vieles anders was locker mit modernen Aufnahmen mithält. Kosoff bei Free..Clapton bei Cream ..da gibts einiges gutes.

aljosha
Ober-Fräser
Beiträge: 923
Registriert: 25.04.2010, 19:21
Wohnort: Dornbirn
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#39

Beitrag von aljosha » 25.05.2010, 21:27

ertmal danke für den Link :)

400V Kondensatoren weil die das Signal "offener" durchlassen, es bleibt weniger Strom hängen, äh
naja, bsp Orange-amps
total überdimensionierte Teile (+ nur das nötigste) damit das Signal möglichst unverfälscht (durch Verluste) rauskommt
(war zumindest am Anfang deren Philosophie)

mfg

Benutzeravatar
Reverend Sykes
Ober-Fräser
Beiträge: 913
Registriert: 24.04.2010, 01:07
Wohnort: Heidelberg
Hat sich bedankt: 242 Mal
Danksagung erhalten: 95 Mal
Kontaktdaten:

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#40

Beitrag von Reverend Sykes » 25.05.2010, 22:19

Ok, ok! Vielleicht hab ich mich (speziell auch in Bezug auf Peter Green) mißverständlich ausgedrückt. Ich meinte jetzt eben gerade nicht, daß die Musiker früher einen schlechten Klang hätten, weil die schlechtes Equipment benutzten oder daß Eric Clapton mit Lace Sensors besser klingt.

Ich bezog mich da vielmehr auf den Vintage-Wahn. Was ich meinte und meine ist, daß mir eben viele Kompositionen von Peter Green sehr gut gefallen, sein Sound aber nicht. Das gilt übrigens auch für Rory Gallagher, welcher mich abgesehen vom Klang doch sehr beeindruckt.

Aber auch bei jüngeren Produktionen fällt mir das immer wieder auf. Mir gefällt beispielsweise das eine oder andere Lied von Muse recht gut. Wenn dem Gitarristen aber nicht bald jemand sagt, daß Fuzz kein Klang sondern ein (unerwünschtes) Störgeräusch ist, wird nix aus dem nächsten LP-Kauf. *duck*

Kirk Hammet von Metallica hat seinen Sound vom Kill 'em All bis heute stetig verändert und keiner davon taugte was.

Wenn ich Muse, Metallica oder Gallagher spiele, versuche ich nicht deren Sound zu imitieren, sondern deren Spielweise. Damit komme ich der Authentizität näher, als mit irgendwelchen Voodoo-Kondensatoren bei gleichzeitig liebloser Bemühungen um originales Spiel. Und es hat den Vorteil, daß ich selbst entscheide, welcher Sound mir gefällt. Nämlich mein eigener! ;-)

Daß ich dennoch einen Bogen um die preisgünstigsten Kleinteile eines bekannten Elektronikversenders mache liegt hauptsächlich an meinen Erfahrungen mit deren Qualität im Allgemeinen. Für Kondensatoren, welche nicht schon in der Schrümelkiste in kleine Bröckchen zerfallen, gebe ich gerne ein paar Cent mehr aus.

Grüße

Rüdiger
Liebe Grüße
Rüdiger


"Blues players don't mess around with the guitar, they hit the bloody thing." (Rory Gallagher)
…m;les to go before I sleep…
Für Eile hab ich keine Zeit.

Benutzeravatar
12stringbassman
GBB.de-Inventar
Beiträge: 5211
Registriert: 25.04.2010, 09:29
Wohnort: Lkr. EBE
Hat sich bedankt: 349 Mal
Danksagung erhalten: 227 Mal

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#41

Beitrag von 12stringbassman » 26.05.2010, 08:57

aljosha hat geschrieben:400V Kondensatoren weil die das Signal "offener" durchlassen, es bleibt weniger Strom hängen, äh
naja, bsp Orange-amps
total überdimensionierte Teile (+ nur das nötigste) damit das Signal möglichst unverfälscht (durch Verluste) rauskommt
(war zumindest am Anfang deren Philosophie)
Himmel hilf!!! Wer erzählt denn so einen Schmarren?!?

400V-Kondensatoren in einer passiven Tonblende einer E-Klampfe ist ungefähr so, als ob Du Reifen mit 400km/h-Zulassung auf einen Smart montiertest. Der führe dadurch weder schneller, noch sparsamer, noch komfortabler. Er fährt damit im günstigsten Fall genauso und nicht anders als mit den Original-Reifen. Außer hohen Kosten ist da genau gar nix (außer evt. dem "Feeling", etwas ganz besonders gemacht zu haben, nämlich etwas besonders deppertes ;) ).

Das Überdimensionieren von elektronischen Bauteilen kann in bestimmten Fällen in gewissen Grenzen tatsächlich ein kleines bissl was bringen. Zum Beispiel im Netzteil einer Endstufe. Wenn hier Trafo und Siebelkos etwas satter dimensioniert werden als das allernötigste, ist es zumindest in der Theorie denkbar, dass diese Endstufe bei großer Aussteuerung einen Lautsprecher mit komplexer Last und heftiger Gegeninduktion besser im Griff hat, was sich in einem "strafferen" und "luftigeren" Klangbild ohne Gedröhne bemerkbar machen könnte (gut abgestimmte Lautsprecher und gute Raumakustik vorausgesetzt). Das konnten wir tatsächlich in mehreren Hörtests herausfinden.

Wenn aber frequenzbestimmende Bauteile (in Frequenzweichen, Equalizern, etc.) von der Spannungsfestigkeit her überdimensioniert werden, dann tut sich da genau gar nix, außer dass die Kosten Steigen und das Gehäuse irgendwann zu klein wird. Wer das Gegenteil behauptet, muss mir das in einen Doppel-Blindtest beweisen.

OK, ich gebe zu, dass ich auch schon mehrfach 400V-MKT-Kondensatoren in meinen Frequenzweichen und Equalizern verbaut habe. Aber nur aus dem einfachen Grund, dass es die kleinen Werte um 1nF bei diesem Kondensatortyp eben nur in 400V gibt. Bei den größeren Werten um 1µF habe ich dann wieder 100V- bzw 63V-Typen genommen.
"Denken ist wie googeln, nur krasser!"

Benutzeravatar
gkr
Holzkäufer
Beiträge: 127
Registriert: 25.04.2010, 20:03
Wohnort: Aachen
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 4 Mal

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#42

Beitrag von gkr » 26.05.2010, 10:27

Ich denke gar nicht drüber nach was wo drinne ist. Ich kaufe einfach das was mir gefällt.

Wenn ich mir ne Klampfe kaufen gehen wollte, habe ich meinen Amp mit genommen und bin durch den Laden und hab eine Gitarre nach der anderen probiert, ohne zu schauen was drauf steht und auf den Preis zu achten. Wichtig war immer nur, wie sich das Ding spielen lässt und ob es dem entspricht, was ich mir klanglich vorstelle. Hat mir was gefallen, dann hab ich auf den Preis geschaut und überlegt ob ich das zahlen möchte. Meistens waren das Kopien von bekannten Modellen und nicht das Original.

Genauso habe ich Amp's gekauft. Gitarre mit in den Laden, von Amp zu Amp gerannt und probiert. Hab auch nicht gefragt ob Röhre oder Transistor. So habe ich z.B. mal einen Rath Amp gekauft. 120 Watt Top mit 4x12 Box. Stand wohl schon ne Weile rum, wollte keiner haben, Transistor eben. Für mich das geilste Teil das ich jemals gespielt habe und saugünstig, 600 DM. Hätte man grade mal ein Top von 'bekannten' Herstellern bekommen.

Benutzeravatar
DoubleC
Zargenbieger
Beiträge: 1684
Registriert: 25.04.2010, 16:18
Wohnort: Uff 'n Funkturm
Hat sich bedankt: 54 Mal
Danksagung erhalten: 68 Mal

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#43

Beitrag von DoubleC » 26.05.2010, 10:33

bussela hat geschrieben:..........................
Wenn ich Muse, Metallica oder Gallagher spiele, versuche ich nicht deren Sound zu imitieren, sondern deren Spielweise. Damit komme ich der Authentizität näher, als mit irgendwelchen Voodoo-Kondensatoren bei gleichzeitig liebloser Bemühungen um originales Spiel......................................
Daß ich dennoch einen Bogen um die preisgünstigsten Kleinteile eines bekannten Elektronikversenders mache liegt hauptsächlich an meinen Erfahrungen mit deren Qualität im Allgemeinen. Für Kondensatoren, welche nicht schon in der Schrümelkiste in kleine Bröckchen zerfallen, gebe ich gerne ein paar Cent mehr aus...................
Recht hat der Mann!

Es kommt in erster Linie darauf an, die Spielweise der Herren Hendrix, Clapton, Gallagher und watt weeß ick noch zu analysieren. Bei dem ganzen Pipper-Vintitsch-Signature Wahn wird offensichtlich sehr gerne vergessen, dass die meisten Meisterwerke, die unser Hörempfinden in den letzten 50 Jahren geprägt haben, in einer Studiosituation entstanden sind.
Wer kann das schon nachempfinden? Wer hat schon einen Eddie Kramer oder gar einen SIR George Martin (ohne den John, Paul, George & Ringo aber sowas von aufgeschmissen gewesen wären), der einem den Vintitsch-Traumsound zurechtkurbelt?????
Eine 59er LesPaul war in den 60ies noch nicht mal 10 Jahre alt. Die Stratocasters kamen direkt aus der Fabrik! Und die Verstärker erst! Fender, Vox und Marshall.......NAGELNEU! Nix eingespielte Lautsprecherpappen, eingeglommene Röhren, angetrocknete ELKOS und watt weeß ick noch....einfach NEU.

Auffällig ist, dass die alten recken vor allem SPIELFREUDE aufs (Ton)Band genagelt haben. Wenn man hört, wie Hendrix, SRV, Gallagher z.T. Clapton und auch Herr Blackmore noch in die (manchmal arg dünnen) Saiten gelangt haben, da kann dann schon Freude aufkommen. Das ist dann halt nicht das etwas seelenlose abfiedeln von Skalen (shredding), mit maximaler Verzerrung und minimalem Anschlag...........

Stichwort TONBILDUNG! Das hatten die alten Säcke wirklich 'drauf. Und das kann man am besten auf 'ner ganz fiesen Akustik-(Wander)-Gitarre üben (mit dicken Saiten.........). Und dann hat jeder noch seine drei bis vier Tonleitern bzw. Fingersätze, die immer wieder angebracht werden. Das ist mir mal aufgefallen, als ich mich intensiver mit den üblichen 70iger-Jazz(rock) Schnellerhöherweiterverdächtigen DiMeola, McLaughlin, Coryell & Consorten beschäftigt habe. Jeder hat so seine Lieblingsfingersätze, die nicht jedem liegen (Ich mag die von olle Al am liebsten). Wenn man sich die ganz alten Altvorderen mal zu Gemüte führt (Die Kings [Albert, BB & Freddy], Albert Collins oder den gaaanz grossen T-Bone Walker), dann kann man auch hier feststellen, dass jeder der genannten seinen Lieblingsfingersatz hat............Aber den Ton formen die Herren mit den Fingern (rechts und links)

Man muss halt spielen können.......dann klappt's auch mit dem Beano-Bluesbreaker-Album auf einer Koreanischen Fender Telecaster Lite Ash und einem Peavey Classic 50 bei voll aufgedrehtem Leadkanal und zugedrehtem Bridge-TA.......vielleicht nicht ganz so brachial wie mit Les Paul und 60ies Marshall Bluesbremser, aber wenn man genügend Attitüde und Tonbildung 'reinlegt, geht's auch mit dem genannten UN-Equipment...und macht Spass.

Was die Kondensatoren betrifft: Wenn man sich mal bei den üblichen Musikalienhändlern umguckt, dann sind diese Russenteile gar nicht mal so teuer. Also nicht wesentlich teurer, als das, was der Rockinger oder der Thomann anbietet. Was den Tote-Minze-Verein und ähnliche Apotheken B-trifft........hmmmnaj, wer denn wirklich künstlich gealterte Elektronikbauteile braucht.........bitteschön.

Aber es ist ja eigentlich nicht weiter verwerflich sich über die (vermeintliche) Wunderwirkung von Russenkondensatoren Gedanken zu machen, wenn man sieht, wie viele Leutchen hier immer noch mit hochgiftigen lösemittelbasierten Lacken 'rumsauen. Wozu denn diese Nitrolacke mit der bekackten Nitroverduennung oder Aceton, was beides noch blöder macht, als Pattex-LM (Ethylacetat)? Es werden doch bestimmt aus dem Parkettbereich glasharte Lacke auf 2K oder 1K Basis angeboten, die nicht so giftich sind.......bei StewMac gibt es ja auch was auf Wasserbasis...............Und auf einem 45mm dicken Brett wird eine Lackschicht bestenfalls noch esoterisch-transzendentale Einflüsse auf die Saitenschwingungen haben.

Geht es beim Lackieren von E-Gitarren nicht eh nur darum, das Instrument vor Angst- und Bühnenschweiss zu schützen? Der Mann, der die Gitarren für den Oberarzt Jan Vetter baut, nimmt nur irgendwelche Polyurethan (oder so) Lacke, weil die seiner Meinung nach die Instrumente am besten "konservieren".

Fazit: Ist doch eh alles Blödsinn! Hauptsache man kann die Gitarren schlagen (hit the bloody thing) und es macht Spass (Auch das Ankaufen von Equipment).


Doppelzeh

P.S.@ Capricky (Geburtstagskind?)...........habe irgendwie mit dem Zitieren und dem Einloggen Chaos angerichtet. Tut mir leid. Wa soooo stolz auf meine Polemik. Hoffentlich klappt's jetzt!

Benutzeravatar
khal
Bodyshaper
Beiträge: 224
Registriert: 22.05.2010, 22:25
Wohnort: Lissabon
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#44

Beitrag von khal » 26.05.2010, 18:38

DoubleC hat geschrieben: Man muss halt spielen können.......

Fazit: Ist doch eh alles Blödsinn! Hauptsache man kann die Gitarren schlagen (hit the bloody thing) und es macht Spass (Auch das Ankaufen von Equipment).
Sehr wahr.
Ein recht plastisches Beispiel aus der Neuzeit ist der uns sicher allen bekannte Gregor Hilden.
Gregor scheint zwar selber auch ein vintage-Fetischist zu sein. Aber er demonstriert in seinen youtube-Videos auch immer wieder neues Equipment. Und zwar komplett unterschiedliches Zeug. Und der Mann klingt immer gut und immer nach Gregor Hilden.
Er kann´s halt! :!:
So what...?....

aljosha
Ober-Fräser
Beiträge: 923
Registriert: 25.04.2010, 19:21
Wohnort: Dornbirn
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#45

Beitrag von aljosha » 26.05.2010, 20:25

@12string
hab nicht gitarren gemeint, schlecht formuliert
und jeder der schon mal nen orange gespielt und diese Info hat, der wird zumindest ein bisschen dran glauben...

aber naja, "religionen" sind halt so ne Sache, der eine glaubt an Vintage, der andre an Gott ;)
schlußendlich kommts auf die Technik an, wobei feeling immer vom Zuhörer und vom Spielenden betrachtet werden kann
ich spiel lieber über ne abgenützte vintage all-valve einkanal-combo, als nen Bestzustand-transen fullstack mit 10000 effekten und mods etc.
muss zwar dazusagen, dass ich noch keine habe, aber ich arbeite grad dran :)
whatever
mfg
aljosha

Benutzeravatar
12stringbassman
GBB.de-Inventar
Beiträge: 5211
Registriert: 25.04.2010, 09:29
Wohnort: Lkr. EBE
Hat sich bedankt: 349 Mal
Danksagung erhalten: 227 Mal

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#46

Beitrag von 12stringbassman » 26.05.2010, 21:30

@aljosha:

OK, sorry, ich habe aufgrund fehlender Großschreibung übersehen, dass Du Orange-Amps meintest. Aber bei denen ist nun mal wirklich nix überdimensioniert, soweit ich das überblicke. Die kochen ganz genauso mit Wasser, wie alle anderen auch. Ein bissl mehr Pfeffer hier, ein wenig weniger Salz dort, oben drüber eine etwas andere Mischung aus Thymian und Rosmarin, Essig und Öl in leicht veränderlichen Gewichtsanteilen, mehr ist das nicht.

Und 400V-Caps sind in einem handelsüblichen Gitarren-Vollröhren-Ämp als Koppelkondensator normal, je nach Anodenspannung evt. sogar knapp ;)
"Denken ist wie googeln, nur krasser!"

Benutzeravatar
bigherb
Zargenbieger
Beiträge: 1316
Registriert: 27.04.2010, 13:48
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 7 Mal

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#47

Beitrag von bigherb » 01.07.2010, 00:01

Tja, vom "Ober-Offtopicer" auch noch etwas Senf dazu......in der Historie wurde das "Mysterium des Glaubens" schon immer gern für teurer Geld verkauft.....
Wenn sich der wehrte Kunde damit besser fühlt mag er beschissen werden. Jeder wie er mag...und wenn er auch noch viel Knete dafür hergeben will...why not.
Milliarden werden täglich weltweit für das "Ultimative" ausgegeben. "Know How" war schon immer von unschätzbaren Vorteil.....Wissen ist Macht, nichts wissen macht aber auch nichts...wenn man das nötige Kleingeld dafür hat.....

Bis die Tage.....

Benutzeravatar
Chicago
Planer
Beiträge: 86
Registriert: 28.04.2010, 16:38
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#48

Beitrag von Chicago » 19.08.2010, 15:20

Als ich meiner Freundin und einem Bekannten (beide keine Gitarristen) voller Stolz meinen neuen Verstärker (natürlich Vollröhre ohne Halbleiter im Signalweg, das war wichtig!) inkusive 4x12" Box vorspielte, erntete ich nur ein "mhm... also ich hör keinen unterschied zu dem Ding, was du davor hattest".

Okay, es hat mich nicht sonderlich hart getroffen... als Gitarrist ist man es ja gewohnt, das eine oder andere mal ungläubig angestarrt zu werden.
Trotzdem machte es mir Gedanken. Ein großer Teil der Leute, für die man letztendlich spielt, hört warscheinlich tatsächlich keinen Unterschied, viele wissen ja heutzutage noch nichtmal mehr, dass man E-Gitarren auch unverzerrt spielen kann.
Dann gibt es da natürlich noch die Leute, die etwas mehr Ahnung haben, vllt selber Gitarre spielen, auch nen Röhrenverstärker zuhause stehen haben und sich mit dem "Tone" eines Gitarristen etwas auskennen. Aber auch bei denen bezweifle ich stark, dass sie heraushören könnten um was für einen Amp es sich genau handelt (Mesa? Marshall? Fender? Ich tippe auf Marshall! Was? Fender mit Bodentreter? Oh, hätt ich nicht erkannt).

Da saß ich also, vor meinem Vollröhrenhalfstack und fragte mich, ob sich das viele Geld denn gelohnt hat, wenn der Unterschied für den Laien, eigentlich eh marginal ist.
Darüber hab ich dann mit meinem Cousin gesprochen, der spielt selber seit 10 Jahren Schlagzeug (er ist erst 17) und der sagte etwas, was mir im Bezug auf den ganzen Vintage Kram etwas die Augen öffnete.

Für den Zuhörer (Kenner ausgeschlossen) ist es in den meisten Fällen völlig egal, ob du Marshall, Mesa, Fender, Laboga, Traynor, Orange oder einen Selbstbau spielst. Ob Transistor oder Röhre, ob mit digitalem oder analogem Delay... völlig wumpe, da hört das Publikum keinen Unterschied.

Was der Zuhörer aber in jedem Fall hört, ist wenn der Musiker keinen Spaß daran hat, Musik zu machen. Und die Lust an der Musik ist nunmal (zumindest bei mir) sehr stark davon abhängig, ob ich mich mit meinem Equipment wohl fühle.
Wenn sich der Musiker mit seiner Gitarre oder seinem Amp nicht wohlfühlt, dann kommt das im Endprodukt auch beim Zuhörer an.

Als ich den Verstärker, den ich jetzt besitze zum ersten mal in einer kleinen Jamsession im Musikladen probegespielt habe, hatte ich ca. 10min ein Dauergrinsen im Gesicht. Es fühlte sich einfach wie eine sehr tiefe innere Euphorie an, es klang einfach richtig. In meinem Rausch habe ich ein Solo gespielt, bei dem ich mich selbst gefragt hab: "spielst du das grad?". Ob ich den klang objektiv auch mit einem Line6 Transistorverstärker hinbekommen hätte? Vermutlich ja. Aber ich bin mir relativ sicher, dass das Gefühl nicht dasselbe gewesen wäre und das Solo auch nicht.

Es ist das Gefühl und die Bindung zum Instrument, die am Ende gute Musik macht. Objektiv ist es ein Stück Holz, dass man abgesehen vom Preis auch problemlos verfeuern könnte. Doch da ist diese Bindung. Das Gefühl spielen zu wollen, wenn man das gute Stück an der Wand hängen sieht. Letztendlich nur Holz und etwas Metall... aber für uns bedeutet es nicht selten die Welt. Deswegen wollte Rory auch keine neue Fender.

Wenn sich ein Musiker nicht wohlfühlt, dann kommt das immer in irgendeiner Art beim Publikum an... wenn dafür ein Bumblebee Kondensator in der Gitarre nötig ist, dann soll das halt so sein... so lange er dann richtig Musik macht, solls mir recht sein.
"You know what? If you don't like it, go on the internet and complain"

Benutzeravatar
capricky
Moderator
Beiträge: 11556
Registriert: 23.04.2010, 13:43
Wohnort: In Karl seinem Adlernest
Hat sich bedankt: 771 Mal
Danksagung erhalten: 1286 Mal

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#49

Beitrag von capricky » 19.08.2010, 15:47

@Chicago
Darf ich mal nach Deinem Alter fragen? Ich finde das so ausserordentlich weise, was Du da geschrieben hast!

capricky

Benutzeravatar
vrooom
Zargenbieger
Beiträge: 1169
Registriert: 26.04.2010, 13:52
Wohnort: Hamburg
Hat sich bedankt: 83 Mal
Danksagung erhalten: 93 Mal

Re: Vintage, Voodoo und andere Mythen

#50

Beitrag von vrooom » 19.08.2010, 15:52

Den Unterschied Physikalische Realität - Voodoo erkennt man mit dem Verstand, nicht mit Gefühlen. Es ist klug, seine Empfindungen nicht den Scharlatanen / der Scharlatanerie zu überlassen. Wer sich wider besseren Wissens unwohl fühlt, wenn er nicht das Teuerste hat, ist töricht und bleibt Opfer. - Ist aber im Gitarrenbereich nicht so schlimm, sofern man das Geld hat, wie bigherb schon sagte. Prinzipiell sollte man aber diesem Appetit auf Luxus widerstehen lernen, wie ich finde.

[edit] Ups! Schnell, der capricky...
Ich halte - wie man schon ahnt - nicht viel von Chicagos Statement. Der Tenor ist nämlich: "Wenn ich mich nur mit teuren Voodoo-Anlagen wohl fühle, dann will ich den ganzen Voodoo-Kram!"
Das ist für einen Wahrheitssucher wie mich nicht hinzunehmen. Nieder mit den Scharlatanen! Zum Teufel mit diesem Gefühligen, wenn ich es nicht kontrolliert bekomme! Ich empfinde bei diesem Voodoo-Mist vor allem Eines: Empörung. Das würde mich beim Spielen echt behindern.

Antworten

Zurück zu „Guitartalk, Basstalk, Amp- und Effektetalk“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 24 Gäste