Chicago hat geschrieben:Deswegen wollte Rory auch keine neue Fender.
Das hatte einen anderen Grund! Siehe meine Signatur.
Chicago hat geschrieben:Es liegt nicht in unserer Macht darüber zu bestimmen, was uns begeistert und was nicht.
Obwohl ich grundsätzlich mit Dir übereinstimme, möchte ich Dir gerne in diesem Punkt widersprechen. Dazu muß ich aber ein wenig ausholen.
Ich hab fast 20 Jahre lang die tollsten Bemühungen unternommen um so zu klingen wie Wolf Hoffmann oder Steve Rothery, wie Peter Green oder eben auch wie Rory Gallagher. Jegliche Liebesmüh war vergebens. Ich konnte Sultans of Swing oder Another Brick in the Wall Note für Note spielen, aber es klang immer nach einem drittklassigen Amateurgitarristen und nie nach Mark Knopfler oder David Gilmour.
Ich wechselte mein Equipment wie andere Leute die Unterwäsche. Vom Transistorcombo über den Vollröhren-Halfstack bis zur Dynachord-Gesangsanlage mit Ibanez Tubescreamer davor (war ne interessante Kombination, sehr townshendig).
Desgleichen zappte ich durch die Gitarrenvielfalt: Fender Strat, Fender Tele, Epiphone Sheraton II und Flying V, Tokai Love Rock, B.C. Rich Warlock, Hopf Telstar (die einzige die mir geblieben ist).
Bis ich vor etwa eineinhalb Jahren meine erste Epiphanie hatte: Ich hatte immer geglaubt, ich müßte eine Fender Stratocaster in die Hand nehmen, um wie Rory klingen zu können. Oder eine Flying V, um Living For Tonight authentisch nach Accept klingen zu lassen.
Nein, das war noch nicht die erleuchtende Erkenntnis, von der ich sprach. Das war der vorausgegangene Irrtum. Die Erkenntnis kommt jetzt.
Ich hatte seit Jahren keine Gitarre mehr angefaßt, mein komplettes Equipment, bis auf die Telstar verkauft, und befand mich in einer Situation wie Karate Kid Ralph Macchio in dem Film Crossroads, als seine kleine Freundin davongelaufen ist und sein greiser Begleiter Willie Brown ihm erklärt, daß man den Blues nicht spielen kann, wenn man ihn nicht fühlt.
Nun, ich fühlte ihn gerade, und zwar deutlicher, als mir lieb war.
Im Fernsehen lief gerade eine Dokumentation über den Süden der USA mit entsprechend bluesiger Hintergrundmusik. Ohne groß darüber nachzudenken griff ich zu meiner (einzigen) Gitarre, die Telstar, und begann, mangels Verstärker, unplugged und von der Doku-Hintergrundmusik begleitet ein paar Blueslicks zu spielen. Da ich jahrelang keine Gitarre mehr angefaßt hatte, kriegte ich zunächst garnix auf die Reihe. Ich konnte mich nichtmal an die einfachsten Pentatoniken erinnern.
Und weil viele Töne einfach falsch klangen weil sie schlicht fehl am Platze waren, und weil ich nicht in der Lage war sie durch die richtigen Töne zu ersetzen, ließ ich sie einfach weg, die falschen Töne.
Übrig blieben ein paar verwaiste, einsame Töne und Licks. Ich konzentrierte mich also nicht mehr darauf, viele Töne zu spielen, sondern nur noch darauf, die wenigen Töne, die ich spielte, schön zu spielen. Und zu meiner vollständigen Überraschung funktionierte das sehr gut.
Das half mir nicht nur, meine damalige Stimmungslage zu bessern, sondern motivierte mich auch, wieder ein paar (wenige) Riffs zu lernen. Hierfür wollte ich mir auch wieder die eine oder andere Gitarre zulegen und natürlich einen Verstärker. Aus schierer Geldnot war und ist Low-Budget Pflicht. Also spiele ich derzeit eine Epoch von Gibson, ähnlich einer LP Junior, weil ich sie billig (sehr!) bekam.
Ausgerechnet ich und Les Paul. Das ist die Strafe für meine gehässigen Bemerkungen über diesen Unfall der Gitarrengeschichte.
Und obwohl ich es nicht abwarten kann, diese Un-Gitarre schnellstens durch eine schöne Gitarre zu ersetzen, muß ich zugeben, daß es mir großen Spaß macht, mit der Billig-Gitarre zu spielen.
Hier komme ich wieder zu Deiner Behauptung zurück, daß wir nicht bestimmen, was uns begeistert. Mein Herz zieht mich noch immer von der Paula weg zur Tele oder Strat. Aber ich mußte mir beim Spielen der Paula eingestehen, daß es auch gewisse Vorteile bietet, wenn das Plektrum nicht ständig an diesem überflüssigen mittleren Strat-PU hängen bleibt oder wenn man bei heftigem Anschlag nicht ständig den PU-Wahlschalter der Strat oder Tele unbeabsichtigt umschaltet.
Und da kam mir wieder der Rory in den Sinn. Bluesspieler machen eben kein Theater um die Gitarre, sie hauen einfach rein.
Gruß
Rüdiger