Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

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Titan-Jan
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Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#1

Beitrag von Titan-Jan » 03.02.2022, 11:58

Habt ihr dieses Video schon gesehen??
https://www.youtube.com/watch?v=n02tImc ... L&index=17

Das ist dermaßen genial - und witzig.
Ich bin nicht überrascht, eher erfreut, dass das Fazit des Videos nur sein kann: Der Sound kommt vom Spieler, PUs, Elektronik, Saiten und Setup und sonst nicht viel mehr. Verrückt... finde, dass dieses Video bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit bekam. Bin gespannt, was Pipper dazu sagen würde :badgrin:
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#2

Beitrag von Yaman » 03.02.2022, 14:16

Titan-Jan hat geschrieben:
03.02.2022, 11:58
Verrückt... finde, dass dieses Video bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit bekam.
So einfach läßt man sich doch nicht von seinem Aberglauben abbringen :lol:

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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#3

Beitrag von atomicxmario » 03.02.2022, 22:10

Ha! Ich hab schon darauf gewartet, dass das Video hier auftaucht. :lol:
Die zwei Tische mit den Motoren drauf sind für nen Gig fast scho a wengerl unpraktisch :lol:
Ist schon faszinierend wie geil die Gitarre ohne die Gitarre klingt...

Wobei er einen wichtigen klanggebenden Teil unter den Tisch hat fallen lassen: die Mensur!
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#4

Beitrag von bea » 04.02.2022, 03:42

Genau. Dazu hat der Zollner in seinem Buch sogar Messungen veröffentlicht.

Einen sehr dünnen, eher weichen Hals, der Resonanzen ausbilden kann, kann man ebenfalls hören.
Ne Tele hat ja oft einen angenehm fetten und damit steifen Hals. Da ist es nicht allzu überraschend, dass man dessen Einfluß nicht mehr hört. Bei meiner Sammick Royal hatte ich sicherlich mal einen merklichen Einfluss durch irgendwelche Zusatzmassen an der Kopfplatte - hat man vor allem im Zusammenspiel am "Durchsetzungsvermögen" gemerkt. Mit anderen Worten: wenn die Einspannung der Saiten irgendwie merklich nachgiebig ist, kann das einen merklichen Einfluss haben. Wenn sie steif genug ist, nicht mehr.
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#5

Beitrag von Roland Gibson » 04.02.2022, 15:16

Die Mensur hat er beachtet. Für mich war wenig Unterschied zu hören. Zu wenig, um nicht mit jedem Holz eine gute Elektrogitarre bauen zu können.

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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#6

Beitrag von Kettid » 05.02.2022, 07:38

Der Test hat mich erstaunt, aber doch in meinen Annahmen bestätigt. Dass der Klang der „Luftgitarre“ so ähnlich ist, hat mich jedoch überrascht. Wann man drüber nachdenkt, ist es ja auch keine Luftgitarre, sondern ein extrem schwerer Korpus und ein extrem schwerer Kopf, nur nicht verbunden.

Was hier ja nicht verglichen wurde ist das Sustain. Hier meine ich schon einen Unterschied bei der Holzauswahl zu hören, wenn man einen Korpus aus einem leichten Holz mit einem aus sehr dichtem Holz vergleicht. Um das zu bestätigen wären natürlich 1:1 Tests nötig, um andere Einflüsse auszuschließen.


Den ganzen Test darf man aber nicht auf akustische Instrumente übertragen. Hier ist eine deutliche Klangfärbung durch die Korpushölzer zu erzielen.

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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#7

Beitrag von DoppelM » 05.02.2022, 10:59

Für mich persönlich sind Sustain und Transienten auch wichtige Bestandteile. Bei der 2x4 Gitarre konnte man die vermutlich noch Sinnvoll vergleichen, bei der Air-Guitar wird’s wohl schwierig.

Bei meiner Goldtop-Junior war die erste Reaktion eines befreundeten Gitarrenbauers “sehr leicht, sehr perkussiv, ist die gechambert”? - und genau das ist der zentrale konstruktive Unterschied zu anderen Juniors.
Kann natürlich sein dass man bei „leicht“ psychologisch automatisch an „perkussiv“ denkt.

Mein (universalverträglicher) Grundsatz is für all die Konstruktionsthemen deshalb „orientiere dich an deinen Vorurteilen, und deine Vorurteile werden bestätigt“
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#8

Beitrag von Herr Dalbergia » 06.02.2022, 06:31

Nun gut….

Für mich zeigt das Video genau das Gegenteil.
Mal physikalisch betrachtet:

Er hat als Korpus die Werkbank, sehr schwer, sehr große Masse, alt und trocken ist sie wohl auch.
Ich erkenne nicht ob das Gestell der Werkbank aus Metall oder Holz ist, denke aber Metal, also sehr niedrige innere Dämpfung.
Sein Hals ist mehr oder weniger unendlich steif, da die Werkbank ja mit der andern Bank sehr fest verbunden ist, beides sehr schwer auf dem Boden steht. Der Hals wird noch schwerer und steifer gemacht durch seine zwei Motoren.
Dazu wird das Ende des Halses, also die Kopfplatte absolut am mit schwingen gehindert.

Man ist dann wohl recht nahe an solch einer Konstruktion:

https://www.wbssteelguitars.com/index.p ... ustom&lan=

Nur halt sozusagen, negativ gebaut. Sprich, nicht einen, fast unendlich steifen Korpus / Hals sondern einen fast unendliche steifen Rahmen in dem die Saiten schwingen. Stichwort Harfenbau….

So, und wenn ich in so eine Konstruktion einen Single Coil an eine bestimmte Position installiere, klingt das natürlich gut. Wenn man daraus allerdings ableitet, man kann aus jeden beliebigen Holz, egal wie alt es ist, wie es gewachsen ist usw, eine sehr gut klingende Tele bauen, liegt man falsch.

Möchte man die Konstruktion seiner Luftgitarre nach bauen, aus Holz, empfehle ich:

Grenadill, Ebenholz, Palisander Body
Durchgehender Hals aus Palisander, Grenadill oder ähnlichem.
Gerne mit Stahleinlagen (think Kramer, Trussard usw….)

Alle Hölzer bitte alt und trocken….

Wird sicherlich eine gute Tele die sehr brillant klingt und sehr gut anspricht…..

Ich komme bei dem Thema immer auf die gleiche Frage zurück:

Wenn das Holz und seine Beschaffenheit total egal ist, warum klingt dann eine Jack&Danny Tele für 99€ nicht wie einen 1952 Telecaster, selbst wenn man den Pickup tauscht….

Was oft falsch formuliert wird:

Es ist nicht so dass die Jack&Danny NICHT klingt, oder einen furchtbaren Klang produziert.
Es ist nur so, daß Gitarristen die am Tag 10 Stunden Gitarre spielen oft sehr geschulte Ohren und Finger haben.
Und dann trennt sich halt die Spreu vom Weizen…

Das gleiche gilt ja auch für Amps:
Man kann ein Slipknot Riff auch echt fett auf einem Bugera spielen, keine Frage, aber noch geiler kommt das auf einem Rivera…und solange man nie einen Rivera gespielt hat, wird man mit dem Bugera sehr glücklich sein….
Mick Thomson wird sicherlich wissen was er tut …. ;)

Das gleiche gilt doch überall….

Handhobel: ein gut geschliffener und eingestellter 40€ Hobel funktioniert, und man kann damit Gitarren bauen.
Aber wehe man hat dann mal einen sehr gut geschliffenen und eingestellten Lie Nielsen oder Vertitas oder Clifton in der Hand….

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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#9

Beitrag von DoppelM » 06.02.2022, 10:48

Noch etwas was ich mir nicht ganz erklären kann: Bei Seriengitarren gibt es immer wieder mal so „Einhörner“, die jedes Schwesterinstrument aus der gleichen Serie in den Schatten stellen. Besonders bei Fender passiert das. In dem Laden in dem ich in meinem Studium gejobbt habe gabs eine Lila Mexiko Standard Tele - die hat sowohl unverstärkt als auch am Amp jede andere 60er style Tele an die Wand gespielt. Resonanter, spritziger, voller in Klang. Der einzige Grund warum sie ein halbes Jahr da war, war die Farbe. Nu sind Fender Gitarren ja dafür bekannt das Hals+Korpus-Kombi ein bisschen Glücksspiel sind, aber ich Frag mich wie man das beeinflussen kann…
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#10

Beitrag von the schweinhorn » 06.02.2022, 14:42

Andersrum betrachtet: begreifen wir das Holz doch mal als Dämmaterial zwischen den Aufhängepunkten der Saiten und weniger als Klangmasse. Je nach des Holzes Härte und Gewicht klingt das Konstrukt "Gitarre" eben doch unterschiedlich: keiner kann mir sagen, daß kein signifikanter Unterschied zwischen weichem Holz wie Pappel oder Linde zu hartem wie beispielsweise Esche zu hören wäre- das drückt sich sowohl in den Höhen wie auch in der Ansprache/Dynamik aus, wobei auch das Gewicht eine beträchtliche Rolle spielt.
Warum reagiert ne alte 5kg Paula komplett anders als ne SG mit identischer Hardware? (sowohl Grundsound wie auch Dynamik)
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#11

Beitrag von DoppelM » 06.02.2022, 14:51

the schweinhorn hat geschrieben:
06.02.2022, 14:42
Andersrum betrachtet: begreifen wir das Holz doch mal als Dämmaterial zwischen den Aufhängepunkten der Saiten und weniger als Klangmasse. Je nach des Holzes Härte und Gewicht klingt das Konstrukt "Gitarre" eben doch unterschiedlich: keiner kann mir sagen, daß kein signifikanter Unterschied zwischen weichem Holz wie Pappel oder Linde zu hartem wie beispielsweise Esche zu hören wäre- das drückt sich sowohl in den Höhen wie auch in der Ansprache/Dynamik aus, wobei auch das Gewicht eine beträchtliche Rolle spielt.
Warum reagiert ne alte 5kg Paula komplett anders als ne SG mit identischer Hardware? (sowohl Grundsound wie auch Dynamik)
Der größte Unterschied ist da aber eher die Konstruktion, vor allem Hals-Korpus Übergang. Da müsstest du eher die Erlenpaula von Epiphone mit der Mahagonipaula von Epiphone vergleichen.
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#12

Beitrag von the schweinhorn » 06.02.2022, 15:11

Ok, mein Beispiel taugt in erster Linie für das Gewichtsargument und die Leimstelle, aber das zrifft dann auch auf die Versuchsanordnung des Videos zu- das ich zugegebenermaßen noch nicht zu Ende ansehen konnte: ich denke, alle Auflage- und Übertragungspunkte der Saiten dürften auch da auf Holz liegen. Aufschlussreicher wäre es, er hätte das entweder auf komplett dämpfenden Material- Stil Silentblock oder vergleichbar- oder auf kraß hartem rappelndem Zeug wie Alu arrangiert. Am besten vergleichsweise beidem. Nur um mal zu klären, ob die Klanganregung der Konstuktionsumgebung wirklich eine Rolle spielt. So wie im Video überzeugt mich das nicht.
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#13

Beitrag von capricky » 06.02.2022, 19:32

Liebe Freunde..., mit eurer Expertise ist es spätestens dann vorbei, wenn ihr nicht mehr sehen könnt, was ihr tönen hört! 8)
Mit meiner übrigens auch! ;)

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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#14

Beitrag von bea » 07.02.2022, 11:01

Mhmm, ich schrieb weiter oben von ausgeprägten Resonanzen in einem eher schwachen Hals. Und natürlich klingt auch diese Elektrogitarre meilenweit vor allem anderen



.... nach Elektrogitarre.
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#15

Beitrag von BaldMansMojo » 08.02.2022, 10:49

Ich glaube, man wird einen Anhänger der Lehre vom heiligen Tonholz genausowenig davon überzeugen können, dass das Mumpitz ist, wie einen sogenannten Querdenker und Verschwörungsschwurbler davon, dass die Erde weder eine Scheibe noch eine Hohlwelt ist. Roger Siminoff schreibt in "Constructing a Solidbody Guitar" sinngemäss "Egal was Du nimmst - hauptsache hart". Also Linde, Pappel, Paulownia und ähnliches ist dann eigentlich schonmal raus (Ups!). Prof. Zollner hat ja auch gezeigt, dass das ganze Thema "Schwingen" eher zu den Gebrüdern Grimm gehört. Der einzig relevante Teil liegt zwischen Brücke und Sattel.

Neben Prof. Zollner hat auch Prof. Fleischer von der Universität der Bundeswehr zusammen zahlreiche Untersuchungen zum Thema Schwingungverhalten von E-Gitarren gemacht. Im Gegensatz zu Prof. Zollner hat er sich auch mit der Dämpfung beschäftigt. Und da liegt der hase im Pfeffer.

Wasser trinken ist tödlich - jeder der Wasser trinkt stirbt (irgendwann). Richtige Beobachtung - falscher Schluss. Bei E-Gitarre werden leider (immer noch) Beobachtungen und Schlussfolgerungen von akustischen Gitarren auf E-Gitarren übertragen.

Nimmt man mal die ganzen Aussagen zum Thema Tonholz und Schwingen, auch aus der sogenannten Fachpresse, zusammen, stellt man fest, dass sie sich oft widersprechen.

Ersetzt man "Schwingung" durch "Dämpfung" passen die Beobachtungen aber zusammen. Ein billiger Plastiksattel oder schlecht eingepasster Sattel dämpft. Ein weicher Hals dämpft. Das Stück Linde von der Bridge bis zum Hals dämpft. Schlampige Halstasche oder mise Verschraubung? Dämpft. Genauso die sogenannten "Sustainblocks" für Vibratos. Bringen gar nichts bei aufliegendem Vibrato. Aber bei freischwebenden, da durch mehr Masse der Block schwerer aus der Ruhe zu bringen ist. Ich habe mal Walzblei auf einen Zinkblock geklebt. Das Ergebnis war ziemlich beeindruckend.

Und das Thema "Einschwingen"? hat eigentlich nichts mit Schwingen zu tun, sondern ist technisch gesehen ein Verfahren zur Entdämpfung. Deshalb funktioniert es.

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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#16

Beitrag von atomicxmario » 08.02.2022, 11:53

Und es geht weiter mit der Reihe:
Wo kommt das Sustain her?

https://www.youtube.com/watch?v=muVzwbkUUnM
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#17

Beitrag von Herr Dalbergia » 08.02.2022, 15:57

BaldMansMojo hat geschrieben:
08.02.2022, 10:49
Ich glaube, man wird einen Anhänger der Lehre vom heiligen Tonholz genausowenig davon überzeugen können, dass das Mumpitz ist, wie einen sogenannten Querdenker und Verschwörungsschwurbler davon, dass die Erde weder eine Scheibe noch eine Hohlwelt ist. Roger Siminoff schreibt in "Constructing a Solidbody Guitar" sinngemäss "Egal was Du nimmst - hauptsache hart". Also Linde, Pappel, Paulownia und ähnliches ist dann eigentlich schonmal raus (Ups!). Prof. Zollner hat ja auch gezeigt, dass das ganze Thema "Schwingen" eher zu den Gebrüdern Grimm gehört. Der einzig relevante Teil liegt zwischen Brücke und Sattel.

Neben Prof. Zollner hat auch Prof. Fleischer von der Universität der Bundeswehr zusammen zahlreiche Untersuchungen zum Thema Schwingungverhalten von E-Gitarren gemacht. Im Gegensatz zu Prof. Zollner hat er sich auch mit der Dämpfung beschäftigt. Und da liegt der hase im Pfeffer.

Wasser trinken ist tödlich - jeder der Wasser trinkt stirbt (irgendwann). Richtige Beobachtung - falscher Schluss. Bei E-Gitarre werden leider (immer noch) Beobachtungen und Schlussfolgerungen von akustischen Gitarren auf E-Gitarren übertragen.

Nimmt man mal die ganzen Aussagen zum Thema Tonholz und Schwingen, auch aus der sogenannten Fachpresse, zusammen, stellt man fest, dass sie sich oft widersprechen.

Ersetzt man "Schwingung" durch "Dämpfung" passen die Beobachtungen aber zusammen. Ein billiger Plastiksattel oder schlecht eingepasster Sattel dämpft. Ein weicher Hals dämpft. Das Stück Linde von der Bridge bis zum Hals dämpft. Schlampige Halstasche oder mise Verschraubung? Dämpft. Genauso die sogenannten "Sustainblocks" für Vibratos. Bringen gar nichts bei aufliegendem Vibrato. Aber bei freischwebenden, da durch mehr Masse der Block schwerer aus der Ruhe zu bringen ist. Ich habe mal Walzblei auf einen Zinkblock geklebt. Das Ergebnis war ziemlich beeindruckend.

Und das Thema "Einschwingen"? hat eigentlich nichts mit Schwingen zu tun, sondern ist technisch gesehen ein Verfahren zur Entdämpfung. Deshalb funktioniert es.
Hallo, so ganz schlau werde ich nicht aus Deinem Beitrag:

Ich fände es doch schöner die Anhänger von der „Holz ist egal“ Fraktion als Querdenker und Schwurbler zu bezeichen.
Zollner und Fleischer, schön und gut, aber es gibt halt auch wissenschaftliche Untersuchungen die genau das Gegenteil belegen. Fake -News dann sozusagen…
E-Gitarre / Akustik-Gitarre? Was ist eine ES335, eine Thinline Tele, eine PRS Hollow Body, eine Birdland usw? Manchmal hilft es nicht so sehr schwarz und weiß zu denken.

Schwingung und Dämpfung…nun gut, sind zwei verschiedene Sachen, einverstanden.
Oft auch fälschlich verwendet.
Aber was schwingen soll, sollte nicht gedämpft werden.
Du schreibst, dass das Einschwingen lediglich ein Vorgang der Entdämpfung ist. Absolut einverstanden.
Funktioniert dieser Prozess bei MDF besser, schlecht oder gleich gut als bei altem Mahagoni?
Wenn die Dämpfung wichtig ist, ist dann wo möglich das Material einer Les Paul Brücke doch wichtig?
Oder ist das dann schon wieder Fachliteratur Korkschnüffeln? Und wenn das Material der Brücke wichtig ist, spielt es
dann auch eine Rolle in welchem Material die Brücke wie und auf welche Weiße befestigt ist?
Welches Holz hat denn eine niedrige innere Dämpfung?
Und ist das dann gut, wenn der Body einer E-Gitarre niedrige innere Dämpfung hat? Oder schlecht?
Und ist das gut für Slayer oder Hendrix? Oder für Beides?

Ich habe auf beiden Ufern gefischt, jetzt seit mehr als 30 Jahren.
Vom Baum umsägen bis zum PickUp-Wickeln.
Vom Epoxy bis zum Fischleim.
Vollberuflich, zusätzlich als Hobby, als Musiker, als Verkäufer, 24/7/365

Erst kürzlich wurden aus meinem Holz (Fake-Palisander…) Gitarren gebaut um klassische Konzert-Gitarristen
schön subtil hinters licht zu führen….sieht aus wie Palisander, ist aber keiner…und ja wie klingst denn jetzt???

Das einzige was konstant bleibt ist folgender Sachverhalt:

Menschen die von ihrer Meinung sehr überzeugt sind, dass IHRE Epiphone besser klingt als ein Gibson,
dass IHRE Gibson besser ist als einen XXXXX, dass IHRE Takamine besser ist als eine XXXXXX:
Was ich da fast immer festgestellt habe, dass die Jungs wenn sie ihre Pentatonik so richtig sch….e, unsauber,
ohne jedes Takt-gefühl und absolut talentfrei spielen, nicht mal merken dass es sch….e klingt….

Andersherum erlebe ich oft, dass Leute mit einer grandiosen Gibson auch auf der 300€ Epiphone verdammt gut klingen,
die Gitarre wert schätzen und viel weniger absolut sein wollen. Am Ende wissen sie zwar dass sie eine grandiose Gibson haben, aber
im Zweifelsfall ermutigen sie den Epiphone Besitzer….


Im übrigen ist für mich der mit Abstand wichtigste Parameter um „Holz“ von „Tonholz“ zu trennen, das Alter und die Trocknung.
Ich baue lieber mit einer 40 Jahre alten Fichten Möbel-Rückwand als mit frischer kammergetrockneter Sumpf-Esche.
Wo wir dann mal wieder bei der inneren Dämpfung wären…und ich glaube da sind wir schon auf einem Nenner…..

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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#18

Beitrag von capricky » 08.02.2022, 16:09

BaldMansMojo hat geschrieben:
08.02.2022, 10:49

Ersetzt man "Schwingung" durch "Dämpfung" passen die Beobachtungen aber zusammen.
Da bin ich zu 100% bei dir!
BaldMansMojo hat geschrieben:
08.02.2022, 10:49
Ein billiger Plastiksattel oder schlecht eingepasster Sattel dämpft.
Tut er nicht, jedenfalls hört man das nicht. Ich habe schon einige hundert Plastiksättel und -stegeinlagen gegen knöcherne getauscht kein wirklich hörbarer Unterschied. Die Knochenteile verschleißen jedenfalls nicht so schnell
BaldMansMojo hat geschrieben:
08.02.2022, 10:49
Ein weicher Hals dämpft. Das Stück Linde von der Bridge bis zum Hals dämpft. Schlampige Halstasche oder mise Verschraubung? Dämpft.
!00% Zustimmung. Das ist aber kein wirkliches Manko, ein schwingender Hals ist ein Problem.
BaldMansMojo hat geschrieben:
08.02.2022, 10:49
Genauso die sogenannten "Sustainblocks" für Vibratos. Bringen gar nichts bei aufliegendem Vibrato.
Doch sie bringen etwas. Nicht dramatisch, aber doch hörbar auch bei festgklemmtem Block ala Claptons Strats[/quote]
BaldMansMojo hat geschrieben:
08.02.2022, 10:49
Aber bei freischwebenden, da durch mehr Masse der Block schwerer aus der Ruhe zu bringen ist. Ich habe mal Walzblei auf einen Zinkblock geklebt. Das Ergebnis war ziemlich beeindruckend.
Es verringert jedenfalls den lässtigen Schwirreffekt etwas.
BaldMansMojo hat geschrieben:
08.02.2022, 10:49
Und das Thema "Einschwingen"? hat eigentlich nichts mit Schwingen zu tun, sondern ist technisch gesehen ein Verfahren zur Entdämpfung. Deshalb funktioniert es.
Ja, es "entspannt" das Holz, es wird "ausgeleiert". Die Schwingungsdämpfung über die Frequenzen wird erhöht und ausgeglichener . ;)

Das hat jetzt aber alles nicht wirklich mit Sound oder Klang einer E-Gitarre zu tun. Der kommt zu bestimmt 95% aus dem Pickup, seiner Position innerhalb der Mensur, seinem Abstand zu den Saiten, seinem Output und seiner Resonanzfrequenz in Verbindung mit dem Gitarrenkabel. (wurde das Kabel im Videoclip mal erwähnt? Das wird nämlich gerne vergessen.)
Sustain, Anschlagsverhalten, Attack "Impulsantwort", also die "Transienten", sind es nicht wirklich, denn die sind in hohem Maße auch von der Spieltechnik abhängig, also subjektive Faktoren.

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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#19

Beitrag von BaldMansMojo » 09.02.2022, 16:18

Herr Dalbergia hat geschrieben:
08.02.2022, 15:57
E-Gitarre / Akustik-Gitarre? Was ist eine ES335, eine Thinline Tele, eine PRS Hollow Body, eine Birdland usw? Manchmal hilft es nicht so sehr schwarz und weiß zu denken.
...................
Du schreibst, dass das Einschwingen lediglich ein Vorgang der Entdämpfung ist. Absolut einverstanden.
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....................
Erst kürzlich wurden aus meinem Holz (Fake-Palisander…) Gitarren gebaut um klassische Konzert-Gitarristen
schön subtil hinters licht zu führen….sieht aus wie Palisander, ist aber keiner…und ja wie klingst denn jetzt???
Ich sprach ausdrücklich von E-Gitarren. Akustische Gitarren sind eine ganz andere Baustelle. Gitarren wie die ES-335 haben ja extra einen Block unter Pickups und Brücke um das Schwingen zu verhindern. E-Gitarren dürfen ja nicht im klassischen Sinne schwingen um Rückkopplungen auszuschliessen.

Natürlich funktioniert Entdämpfen bei unterschiedlichen Materialien unterschiedlich. Viel gespielte Gitarren klingen eben oft besser, weil sie duch das Spiel entdämpft sind. Viel Spielen, das Teil immer gegen die Marshallwand lehnen usw. bewirkt alles dasselbe.

Und natürlich haben auch die Materialien von Brücke, Sattel aufgrund ihrer spezifischen Dämpfungseigenschaften Auswirkungen. In geringerem Umfang auch die Mechaniken und der Saitenhalter, da die Saite ja auch in Längsrichtung arbeitet.

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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#20

Beitrag von BaldMansMojo » 09.02.2022, 16:24

capricky hat geschrieben:
08.02.2022, 16:09
Das hat jetzt aber alles nicht wirklich mit Sound oder Klang einer E-Gitarre zu tun. Der kommt zu bestimmt 95% aus dem Pickup, seiner Position innerhalb der Mensur, seinem Abstand zu den Saiten, seinem Output und seiner Resonanzfrequenz in Verbindung mit dem Gitarrenkabel. (wurde das Kabel im Videoclip mal erwähnt? Das wird nämlich gerne vergessen.)
Sustain, Anschlagsverhalten, Attack "Impulsantwort", also die "Transienten", sind es nicht wirklich, denn die sind in hohem Maße auch von der Spieltechnik abhängig, also subjektive Faktoren.

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(kann fortgesetzt werden, mit deadspots und lifespots, im Kontext mit Schwingungsdämpfung, wenn man anfängt die Saiten gegen die Bünde zu drücken. 8) )
Kann ich nur zu 100% zustimmen. Wie ein guter Freund, seit über 40 Jahren in Rockbands spielt, immer sagt "Der Ton kommt aus den Fingern". Ich bin ein lausiger Gitarrist (mieses Kurzzeitgedächtnis - heute ein Riff gelernt und morgen vergessen). Aber wenn ich höre, was gute Gitarristen aus dem Freundeskreis aus meinen Gitarren rausholen, komme ich immer nur ans staunen und frag mich, warum meine Finger für die Töne ungeeignet sind.
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100WChris
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Re: Der Todesstoß für jede Tonholz-Diskussion

#21

Beitrag von 100WChris » 10.02.2022, 20:46

BaldMansMojo hat geschrieben:
09.02.2022, 16:24
Wie ein guter Freund, seit über 40 Jahren in Rockbands spielt, immer sagt "Der Ton kommt aus den Fingern".
Ich übersetze das gerne in: Man biegt sich das "System" beim Spielen so hin, dass es so klingt, wie man es gerne hätte… bzw, dass der Sound dem Ideal, dass man im Kopf hat möglichst nahe kommt. Für mich ganz wichtig dabei: Der Sound beginnt mit der Vorstellung im Kopf. Ich muss erst eine Idee vom Sound haben, dann beginnt die Reise dorthin… Das gilt mMn nicht nur für Gitarren, auch fürs Abmischen, Mastern, etc.
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beste Grüße
Chris

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