Seite 1 von 2

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 09.10.2014, 17:34
von kehrdesign
So Leute, mal was neues von der 3D-Front.

Wie einigen bekannt sein dürfte habe ich mich schon ne Weile mit Drehschaltern befasst, da es da doch einige gibt, die irre Schaltungen ermöglichen und deutlich weniger Platz und Bastelaufwand benötigen als bspw. ein 7ender-Superswitch. Ärgernis war für mich immer, dass es für diese Schalter kaum ansehnliche adäquate Knöpfe gibt. Dem Selbstbau stehen im allgemeinen die Riffelachsen dieser Schalter im Wege. Kürzlich ist es mir auf einen Tip hin gelungen, Einbauhülsen aus Kunststoff aus den Staaten zu beziehen. Die Muster mit diesen Hülsen sind brauchbar aber irgendwie hat mich das nicht so recht befriedigt.

Bei anderen Recherchen bin ich auf einen neuen 3D-Druck-Dienstleister in Berlin gestoßen, der auf mich einen kompetenten und sehr kundenorientierten Eindruck machte. So habe ich also ein angepasstes 3D-Modell meines Knopfmusters hochgeladen und nach der 3D-Datenprüfung das Kunststoff-Sinter-Verfahren ausgewählt (wegen der höheren Festigkeit - das Kunststoff-Extrusionsverfahren kann man für solche Ansprüche vergessen). Der Preis, den die Software sofort online ermittelt hat, liegt bei 5,- € pro Stück. Trotz meiner Skepsis habe ich ein paar Exemplare in Auftrag gegeben.
Heute habe ich nun die ersten Teile geliefert bekommen und bin positiv überrascht:
IMG_5563.jpg
IMG_5564.jpg
Die Oberfläche ist rauh, aber angenehmer als erwartet und macht in Natura einen edleren Eindruck als die Makrofotos vermuten lassen. Das 18-zähnige Kerbzahnprofil allerdings ist erwartungsgemäß nicht so perfekt geworden. Ich habe dann einmal eine Riffelachse mit scharfen Kanten per Handkraft eingedrückt und somit das Profil „nachkalibriert“. Anschließend ließen sich die Knöpfe gut und sicher aufdrücken.
IMG_5566.jpg
IMG_5565.jpg
Lange Schäfte müssen allerding etwas gekürzt werden; das liegt aber nicht am Prinzip, sondern daran, dass die Gesamthöhe der Knöpfe nur 12 mm beträgt und mindestens 2 mm für Materialstärke und Luft verloren gehen. Die Befestigungsmutter des Schalters kann dann in der Senkung des Knopfes verschwinden.

Mein bisheriges Resümee:
Das Kunststoff-Sinter-Verfahren (Material: Polyamid) genügt den Festigkeitsansprüchen für mittel- und weniger belastete Teile.
Die Oberflächen sind rauh aber brauchbar. Feinheiten im Größenbereich weniger Zehntelmillimeter werden ausgebildet, bedürfen aber ggf. der Nacharbeit. Für kleinere Teile sind die Preise auch für ernstzunehmende Verfahren (statt „NC-gesteuerter Heißklebepistolen“) mittlerweile interessant geworden.

Z Zt. habe ich noch andere Teile im Auftrag; werde zu gegebener Zeit darüber berichten.

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 10.10.2014, 07:40
von Titan-Jan
Cool!

Magst du uns den Anbieter verraten?

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 10.10.2014, 10:00
von kehrdesign
Titan-Jan hat geschrieben: Magst du uns den Anbieter verraten?
Aber ja doch, die Knöpfe habe ich hier drucken lassen.
(Aber es gibt im deutschen Sprachraum bspw. auch 3D-Picture, Fabb-It, Protoprint3D, LayerLab.net, Rapidobject und viele, viele andere)

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 10.10.2014, 13:10
von capricky
Also gut, meine Begeisterung hält sich in Grenzen, ob der Materialanmutung. Meine Phantasie allerdings auch, ich wüßte nicht was ich mir für Gitarrenbauzwecke drucken lassen könnte oder sollte. (think)

capricky

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 10.10.2014, 20:20
von kehrdesign
capricky hat geschrieben:... ich wüßte nicht was ich mir für Gitarrenbauzwecke drucken lassen könnte oder sollte. (think)
capricky
Nun, nur zum Selbstzweck krampfhaft nach etwas 3D-Druckbarem zu suchen, ist sicher nicht die sinnmachende Reihenfolge.
Schön und gut ist es, denke ich, wenn aus der Umsetzung neuer Ideen auch Bedarf an neuen Teilen erwächst und für deren Herstellung sich unter anderen die Möglichkeit des 3D-Druckes in vorteilhafter Weise anbietet. Für die üblichen Baumuster gibt's ja auch genügend und sicher auch günstigere Angebote an Parts.

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 12.10.2014, 15:22
von sunrisebrasil
Das Thema 3 D Druck nimmt zuweilen auch extreme Formen an, im wahrsten Sinne des Wortes....
Dem Einen oder Anderen dürften die 3D-gedruckten Gitarren auf Youtube nicht neu sein nehme ich an, für alle Anderen:
https://www.youtube.com/watch?v=MWa8sEgpOrM

Grüße
Markus

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 16.10.2014, 17:35
von kehrdesign
Nun das sind Blüten, die bei neuen Techniken obligatorisch und unvermeidbar scheinen, die andererseits aber auch indirekt, zuweilen auch direkt, die Entwicklung dieser Techniken vorantreiben.

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 16.10.2014, 17:42
von kehrdesign
Hier nun, wie angekündigt, weitere Teile aus dem 3D-Druck.

Gleich vorweg:
Die rahmenlose PU-Montage, die ursächlich zu diesen Teilen geführt hat, will ich hier nicht thematisieren. Das ist Gegenstand eines laufenden Projektes; dazu demnächst an anderer Stelle mehr.
IMG_5573.jpg
Bei gemischten SC-HB-Bestückungen war mir seit jeher ein Dorn im Auge, dass die beiden Bauformen optisch so garnicht miteinander harmonieren wollen. Bei dieser HSS-Bestückung nun wollte ich den Hamburger optisch passend zu den Lace-SCs mit einer Kappe versehen. Die Oberfläche der Kappe, also die beiden Ovale werde ich noch glattschleifen (entsprechendes Aufmaß ist einkalkuliert) und glänzend lackieren.
IMG_5569.jpg
Weil es gerade gepasst hat, habe ich auch gleich ein der Kappe angepasstes Montagerähmchen probeweise mit drucken lassen. Das ergibt eine Möglichkeit, Standard-HBs mal nicht in diesen eckigen Rahmen zu versenken bzw. mit eckigen Kappen wie EMG-HBs aussehen zu lassen.
IMG_5570.jpg
IMG_5571.jpg
Die Fotos sind alle aufgehellt um die Form der schwarzen Teile erkennbarer darzustellen. Tatsächlich sind die Teile unbehandelt satt bis tief schwarz.


Als Druckverfahren habe ich auch wieder das Kunststoffsinter-Verfahren gewählt, das Mindestwandstärken bis 0,7 mm realisieren kann und eine ordentliche Materialfestigkeit (Polyamid) erzeugt. Bei dem Rähmchen hat es auf der Oberseite einige Schlieren gegeben, die sicherlich vom Sintern herrühren. Die Oberflächenstruktur und auch die haptische und optische Anmutung entspricht Spritzgussteilen, deren Guss-Formen elektroerosiv behandelt bzw. hergestellt wurden.
Da die etwas rauhe Oberfläche natürlich jeglichen Siff bereitwillig aufnehmen wird, wäre ein einmaliges Tauchen in farbig passendem Lack sicher sinnvoll. Das dürfte die Oberfläche dann wie feingenarbtes Leder wirken lassen und gleichzeitig Farb- und Glanzverwerfungen wie die angesprochenen Schlieren egalisieren. Das werde ich noch testen.

Im Übrigen habe ich die Absicht, in Kürze die 3D-Dateien sowohl des Schalterknopfes als auch der HB-Kappen/Rahmen auf den „Marktplatz“ bei http://www.trinckle.com hochzuladen, so dass sie sich jeder Interessent dort zu einem passablen Preis drucken lassen kann.

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 16.10.2014, 20:29
von bea
Mit anderen Worten: das Verfahren zeigt einen deutlichen Reifeprozess und ist bereits weit genug, um uns in speziellen Situationen weiterhelfen zu können.

Auch wenn der Weg für einen breiten Einsatz noch weit sein mag - das werden wir wohl auch noch erleben.

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 16.10.2014, 22:47
von sunrisebrasil
Wenn wir Glück haben :D

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 04.01.2015, 15:46
von SoundofSilence
Habe gerade aus Interesse mal gegoogelt und das hier gefunden :-D
http://cubify.com/de/Store/ODDMusic

Interessant ist übrigens, dass so ein Drucker wesentlich günstiger als eine gedruckte Gitarre ist :lol:
http://www.precifast.de/3d-drucker-bausatz/
Wobei die Gitarre natürlich nicht aus einem Satz aus dem Drucker hüpft und sicherlich noch einige Schritte notwendig sind
Es scheint aber tatsächlich einen Markt für gedruckte Instrumente zu geben. Obwohl ich aus ästhetischen Gründen und vor allem wegen der Haptik doch lieber herkömmliche Materialien bevorzuge. Würdet Ihr denn eine komplett gedruckte Gitarre wollen?

Gruß,

Wolfi

Re: 3D-Druck im Gitarrenbau

Verfasst: 04.01.2015, 17:37
von kehrdesign
Über die Ästhetik einer solchen Gitarre lässt sich trefflich streiten, als ernsthaftes Musikinstrument hat es mE. wenig Chancen.
SoundofSilence hat geschrieben:... Interessant ist übrigens, dass so ein Drucker wesentlich günstiger als eine gedruckte Gitarre ist :lol:

Nun die Drucker, die es schon für unter 500 EUR gibt, arbeiten nach dem Extrusionsprinzip. Da stehen sowohl materialtechnische (ABS-Kunststoff mit geringer Festigkeit) wie auch technologische Probleme solchen Projekten entgegen. Hierfür bieten sich Drucker an, die nach dem Pulversinterverfahren arbeiten. Aber die sind aber gar nicht so preisgünstig besonders in der nötigen Größe.