SOS Sattelkompensation

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Der Epi
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SOS Sattelkompensation

#1

Beitrag von Der Epi » 04.02.2016, 00:54

Hallo miteinander. So ein Forum lebt ja nunmal vom Mitmachen und auch wenn ich vielleicht noch nicht so die mega Erfahrung habe, so möchte ich doch etwas beitragen, wenn ich es kann. Das folgende Thema wurde ja schon kurz im "Kurze Frage, kurze Antwort"-Thread aufgegriffen. Da ich mich die letzten Tage gedanklich und praktisch viel damit beschäftigt habe, teile ich meine Erfahrungen nun mit Euch. Wenn ihr mehr darüber wisst oder Fehler meinerseits erkennt, dann rümpft bitte nicht die Nase, sondern lasst uns teilhaben :)

Es geht um die Sattelkompensation mit Hilfe vorgefertigter Bauteile. Bitte lasst uns nicht diskutieren, ob ein Selberbau nicht viel toller ist - das ist er in vielen Fällen sicherlich! Ich werde im Folgenden sogar schreiben, warum das so ist. Aber darum soll es hier einfach mal nicht gehen. Sondern um meine Erfahrungen mit der SOS-Sattelkompensation http://www.rockinger.com/index.php?cat= ... c969f13718

Kurz der Hintergrund: Ich bastele zu Übungszwecken an einer alten Stahlsaitengitarre von mir herum und wollte klanglich wenigstens ein bisschen was rausholen. Habe Sattel und Stegeinlage neu gemacht, aus Knochen (Erstversuch, ist mir glaube ich ganz ordentlich gelungen - evtl. mache ich für die Gitarre aber mal einen eigenen Thread, also soll hier auch kein Thema sein. Mir sind manche Mängel bewusst, wie beispielsweise die nicht ganz optimale "Aufnahme" für den Sattel. Wie gesagt, in einem anderen Fred dürft und sollt ihr mich diesbezügliche gerne zerlegen). Da ich hier im Forum so viel über die Vorzüge der Sattelkompensation gelesen hatte, wollte ich das dann auch testen, aber nicht gleich wieder einen neuen Sattel bauen, außerdem war ich froh, gerade mal den "normalen" hinzubekommen. Daher der Umweg über das "Fertigteil".

Es kostet knapp 15 Euro und ist laut Capricky aus Pertinax. Mein erster Eindruck war: es ist kleiner als man denkt!
Morris 3.jpg
Zunächst mal habe ich es minimal in der Breite angepasst, da ich nicht wollte, dass es auf dem Binding zu liegen kommt (aus optischen Gründen). Achtung! Das Zeug ist bröselig! Ich dachte ich kann das Feilen, hatte ja vorher auch so schön an dem Sattel rumgefeilt. Aber das ist keine gute Idee, mir ist an der Rückseite ein mini Stück abgebrochen, zum Glück nur "links" von der tiefen E-Saite, wohl ohne Einfluss auf die Stabilität. Schneiden mit einem scharfen Messer ist wohl die bessere Idee. Beim Sägen hätte ich auch bedenken.

Dann wird es bei entspannten Saiten vor den Sattel gelegt. Man muss sich jetzt entscheiden. Die Saiten sollen ja auf dem schwarzen Teil aufliegen, sonst kompensiert es ja nichts bei der ungegriffenen Saite. Also entweder das Teil höherlegen - dafür sind drei Folienstreifen dabei mit einseitiger Haftung, die man unter das SOS kleben kann (jede andere Folie würde auch gehen). Oder man lässt es so und feilt die Kerben des Sattels tiefer (darf aber natürlich nicht tiefer als der erste Bund werden). Ich habe beides kombiniert. Mehr dazu unten. Wenn mir nicht eine Ecke abgebrochen wäre beim Kürzen des SOS (wie oben geschrieben), dann würde man auch von der Folie nichts sehen. So leider doch.
Morris 2.jpg
Morris 1.jpg
Capricky hat dafür plädiert, das Teil nur durch den Saitenniederdruck festzuklemmen. Das klappt auch, allerdings hat mich genervt, dass es mehrfach verrutscht ist beim Aufziehen der Saiten. Außerdem habe ich es einmal auf den Boden fallen lassen und dann verdammt lange gesucht. Außerdem fand ich, dass das irgendwie dann so ein "Extrateil" ist, das man irgendwann verliert und wo keiner weiß wo das hingehört und und und. Ich wollte es also gerne fix auf der Gitarre haben und habe es daher einfach dreist mit CA-Kleber festgeklebt. Bin leider noch mit den Mengen etwas ungeübt, daher ist es optisch nicht so supertoll, aber die Funktion müsste so passen.

Was mir besonders Kopfzerbrechen bereitet hat: Bei normalen Satteln kerbt man ja so, dass die Saite nicht langstreckig aufliegt (Sitareffekt vermeiden). Das geht hier meines Erachtens einfach nicht (und ist auch für mich der Hauptgrund, warum man im Zweifel bei hochwertigen Instrumenten wohl besser einen Sattel selber baut). Alleine schon auf Grund der Konsistenz der Beilage würde ich ungern noch etwas davon wegfeilen, so dass die Saite auf einer kürzeren Strecke aufliegt, denn ich glaube sie würde sich rasch "in die Tiefe graben". Außerdem sähe es echt seltsam aus. Ich habe es also einfach erstmal so versucht, SOS vor den Sattel geklebt, Kerben des Sattels so gelassen, Saiten draufgezogen -> Geht nicht, denn die Saiten, bei denen der Kompensationsweg lang ist (tiefe E, A, H) scheppern brutal. Und zwar im/am Sattel. Also habe ich doch nochmal die Saiten runtergemacht und die Kerben des ursprünglichen Sattels weiter angeschrägt, so dass ich einen Kompromiss hatte und die Kerbe kurz vor Ende des Sattels die Horizontale erreicht (s. Skizze, unter SOS ist natürlich das Griffbrett, und unter dem "Satteldreieck" noch der Rest vom Satten, habe ich jetzt für die Skizze mal weggelassen).
IMG_7214.JPG
Nun wieder die Saiten drauf und siehe da - es funktioniert fantastisch! Die Kompensationswirkung ist meines Erachtens nach sehr gut! Akkorde in den ersten Bünden sind so richtig, dass man sie aus alter Gewohnheit fast schon als falsch empfindet :) (das spricht nun natürlich nicht unbedingt für das SOS, sondern für Sattelkompensation im allgemeinen, aber immerhin erreicht dieses Teil auch seinen Zweck)

Allerdings scheint es etwas Sustian zu klauen (kann ja sein, es dämpft die Saite sicherlich ein bisschen, allein schon auf Grund der längerstreckigen Auflage). Aber für diese Gitarre sicher insgesamt ein Zugewinn. Ob das für jede Gitarre gilt, kann ich natürlich nicht sagen. Ich glaube aber schon, dass die vorgefertigte Kompensation eine gewisse Berechtigung hat, da das Problem ja direkt mit der relativen Kerndicke der Saiten zu tun hat, und die ist nunmal immer ähnlich. Wird wohl kaum eine Gitarre geben, die an der D-Saite besonders viel Kompensationsweg braucht - aber im Zweifel wie gesagt würde ich auch einen individualisierten Sattel vorziehen (wenn ich es könnte und wenn die Gitarre die Arbeit "wert" ist).

Ich glaube, wenn man das SOS-Teil ein bisschen kennt, kann man es in knapp 10 Minuten an die Gitarre bauen. Das dürfte trotz der 15 Euro Anschaffungspreis einigermaßen wirtschaftlich sein, für diejenigen die so etwas beachten müssen weil sie es beruflich machen.

Über die Haltbarkeit berichte ich nach, insbesondere wenn es je Probleme geben sollte. Ich spiele die Gitarre jetzt erstmal ein bisschen.

Ich hoffe, ihr konntet meine Gedanken nachvollziehen, ihr haltet mich nicht für verrückt oder besonders inkompetent :badgrin: und vielleicht hattet ihr ja etwas Freude an meinen Überlegungen :) Eure Meinungen zu dem Teil (oder Ähnlichen? was gibts noch so auf dem Markt? Earvana?) und der Vorgehensweise (nicht zu der Frage Selberbau ja/nein!) interessieren mich sehr!

Viele Grüße!

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Re: SOS Sattelkompensation

#2

Beitrag von bea » 04.02.2016, 01:36

Nein, ich halte Dich nicht für verrückt. Immerhin habe ich bei meiner SG ähnlich rumgebastelt.
Ich glaube allerdings, dass man Knochen nehmen sollte.
LG

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Re: SOS Sattelkompensation

#3

Beitrag von capricky » 04.02.2016, 08:31

bea hat geschrieben: Ich glaube allerdings, dass man Knochen nehmen sollte.
Sagen wir mal so - alles ist besser als Zelluloid (wurde früher verwendet), Polystyrol ( wird gegenwärtig immer noch häufig verwendet, "beliebtestes" Ersatzmaterial) und Porzellan (zunehmend in chinesischen Billigakustiks zu finden, merkt man erst, wenn man mit seiner Sattelfeile drüber gefahren ist :evil: )

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Re: SOS Sattelkompensation

#4

Beitrag von capricky » 04.02.2016, 08:41

Der Epi hat geschrieben:
Was mir besonders Kopfzerbrechen bereitet hat: Bei normalen Satteln kerbt man ja so, dass die Saite nicht langstreckig aufliegt (Sitareffekt vermeiden). Das geht hier meines Erachtens einfach nicht (und ist auch für mich der Hauptgrund, warum man im Zweifel bei hochwertigen Instrumenten wohl besser einen Sattel selber baut). Alleine schon auf Grund der Konsistenz der Beilage würde ich ungern noch etwas davon wegfeilen, so dass die Saite auf einer kürzeren Strecke aufliegt ...
Nee, das ist ein Irrtum, ich feile die Sattelkerben so, das möglichst viel Saite aufliegen soll. Ist ein "SOS" davor, ist der natürlich Teil des Sattels und wird mit angekerbt. Die Auflagefläche vergrößert sich durch die Schräge ja sogar minimal. Der Winkel der "Kerbenschräge" sollte also im besten Fall gleich, oder minimal kleiner als der der darüber laufenden Saite sein. Das mach ich mit dem Augenmaß.

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Re: SOS Sattelkompensation

#5

Beitrag von bea » 04.02.2016, 10:17

capricky hat geschrieben:
bea hat geschrieben: Ich glaube allerdings, dass man Knochen nehmen sollte.
Sagen wir mal so - alles ist besser als Zelluloid (wurde früher verwendet),
Zelloloid funktioniert ganz gut in Verbindung mit Nullbünden, wo der Sattel nur die seitliche Führung übernehmen muss.

Bei meinen Experimenten auf der SG, mit denen ich herausfinden wollte, was die Kompensation bringt, habe ich gespaltene Streichhölzer verwendet. Gitarre con sordino...
LG

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Re: SOS Sattelkompensation

#6

Beitrag von capricky » 04.02.2016, 11:09

bea hat geschrieben:
Zelloloid funktioniert ganz gut in Verbindung mit Nullbünden, wo der Sattel nur die seitliche Führung übernehmen muss.
Da funktioniert dann auch Polystyrol und alter Käserinde, wobei Zelluloid eindeutig am besten bei der Bearbeitung riecht! 8)

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Re: SOS Sattelkompensation

#7

Beitrag von Der Epi » 04.02.2016, 11:49

capricky hat geschrieben:
Der Epi hat geschrieben:
Was mir besonders Kopfzerbrechen bereitet hat: Bei normalen Satteln kerbt man ja so, dass die Saite nicht langstreckig aufliegt (Sitareffekt vermeiden). Das geht hier meines Erachtens einfach nicht (und ist auch für mich der Hauptgrund, warum man im Zweifel bei hochwertigen Instrumenten wohl besser einen Sattel selber baut). Alleine schon auf Grund der Konsistenz der Beilage würde ich ungern noch etwas davon wegfeilen, so dass die Saite auf einer kürzeren Strecke aufliegt ...
Nee, das ist ein Irrtum, ich feile die Sattelkerben so, das möglichst viel Saite aufliegen soll. Ist ein "SOS" davor, ist der natürlich Teil des Sattels und wird mit angekerbt. Die Auflagefläche vergrößert sich durch die Schräge ja sogar minimal. Der Winkel der "Kerbenschräge" sollte also im besten Fall gleich, oder minimal kleiner als der der darüber laufenden Saite sein. Das mach ich mit dem Augenmaß.

capricky
Darf ich da nochmal einhaken? Ich glaube ich habe da was falsch verstanden, oder es gibt verschiedene Meinungen im Internet (das wäre ja ein Skandal :o ). Vermutlich war es hier schonmal Thema, ich habe auch die Suche bemüht aber nichts finden können.
Ich habe mal was versucht zu zeichnen (oh gott, schon wieder!), das SOS nun erstmal bei Seite gelassen:
Zeichnung.jpeg
Nummer 1: Das ist das Ideal, so wie ich es verstanden habe. Punktförmige Auflage der Saite. In echt aber nicht machbar aus technischen und physikalischen Gründen.
Nummer 2: So habe ich es bisher gedacht und gemacht
Nummer 3: So hast du es vorgeschlagen, wenn ich es richtig verstanden habe
Nummer 4: Das man es so nicht macht sind wir uns glaube ich einig, das wäre die Variante ohne Schrägung.

Bei meiner nicht ganz so billigen ESP Eclipse, die ich insgesamt für recht gut verarbeitet halte und sehr mag haben die Japaner ja am ehesten auch die von mir gedachte Nummer 2 verwendet, wenn ich das richtig sehe:
Esp.jpeg

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Re: SOS Sattelkompensation

#8

Beitrag von capricky » 04.02.2016, 12:33

Es ist was zwischen 2 und 3... mit einem minimalem geraden Teil der Kerbe, um eben eine scharfe Kante zu vermeiden. Bei einem SOS Sattel würde ich gerade noch die Kante bei der D- und hohen E-Saite akzeptieren. Mein Ziel ist es die Saite möglichst viel in der Sattelkerbe aufliegen zu lassen, das mindert den Verschleiß und beruhigt/dämpft Schwingungen, die über den Sattel drüber laufen wollen. "1" ist wirklich nur theoretisch, modellhaft "ideal", in der Praxis aber völlig unbrauchbar.
Gerade über den Sattel laufende Saiten zu den Wickelwellen der Mechaniken hin, sind nur aus ästhetischen Gründen ideal, praktisch bringt das Nachteile, aus den genannten "Schwingungsgründen".

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Re: SOS Sattelkompensation

#9

Beitrag von MiLe » 04.02.2016, 22:06

und ich dachte immer, daß 1) soweit technisch machbar zu bevorzugen ist, weil es die beste Stimmstabilität aller Varianten sicherstellt? An klangliche Auswirkungen hatte ich dabei bisher überhaupt nicht gedacht.
Bei einem Nullbund kommt man der Sache doch auch recht nahe, zumindest, wenn die Saiten von den Mechaniken gerade zu den Sattelkerben laufen und der Sattel dadurch nicht übermäßig fest seitlich zupacken muss, um die Saite in Position zu halten.
Jedenfalls habe ich immer versucht, die Saite möglichst auf einer Kante aufliegen zu lassen.
Sattelkerbe.jpg
Beobachtete Nachteile: Gerade in den ersten Stunden fressen sich die Saiten gerne wieder in die dünne "Klinge" (Graphtech) und sind, wenn vorher in optimaler Höhe, dann zu tief und die "Klingenauflage" ist dann auch schnell Geschichte.
Zum anderen fällt mir bei meinen Gitten auf, daß die Saiten zwischen Sattel und Mechanik ungebührlich mitschwingen, was zumindest bei leisem Üben manchmal doch störend sein kann. Das hatte ich bisher jedoch nie den Kerben zugeschrieben.
Ich glaube, ich muss da meine Philosophie nochmal überdenken (think)
Liebe Grüße,
Michael

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