Hals nach Bandsägeschnitt total verdreht!?

Diskussionen über Hölzer für den Bau von Instrumenten
Herkunft, Trocknung, Lagerung und Eigenschaften

Moderator: jhg

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Knarbens
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Hals nach Bandsägeschnitt total verdreht!?

#1

Beitrag von Knarbens » 24.04.2021, 15:47

Hallo Leute,

ich möchte wieder aktiv werden und bereite gerade ein paar Gitarren-Projekte vor. Ich habe schon einige Gitarren gebaut und auch schon einiges Über Holzbearbeitung, Lagerung etc. gelernt.

Mein Problem ist, dass ich heute einen Khaya Hals grob ausgesägt habe und sich dieser innerhalb einer halben Stunde total verdreht hat :!: :?: :shock: Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Vielleicht habt ihr einen Rat für mich.

Hier mein Prozess wie ich vorgegangen bin: Die Halskantel mit geradem Faserverlauf (Halbrift) habe ich vor min. 2 Jahren bei Espen gekauft. Ich hatte die Kantel damals etwas liegen lassen (ich achte in meiner Werkstatt mittels Lauber Hygrometer auf Temperatur und Luftfeuchte) und habe dann die Halskantel aufgetrennt, um zwei Hälse daraus fertigen zu können. Die getrennten beiden Stücke haben dann über ein Jahr, gestapelt, in der Werkstatt gelegen. Vor ein paar Monaten habe ich angefangen, die Hälse stückweise weiter auszusägen, also Schritt für Schritt immer etwas Material weggenommen. Heute wollte ich die erste Halskantel abrichten und habe dafür an den Seiten nochmal etwas Holz weggesägt (siehe Bilder). Hals ich den Hals dann später auf eine ebene Fläche gestellt habe, habe ich bemerkt, dass er total kippelt. Vorher war er gerade und jetzt war er auf einmal so verdreht, dass die eine Ecke fast 2 mm in der Luft war (siehe Bilder).
IMG_5337.JPG
IMG_5336.JPG
Ich kann mir das nicht erklären. Das Material war trocken und zu viel auf einmal abgesägt habe ich auch nicht. Liegt das am Halbriftschnitt? Ich weiß noch, dass ich die Seiten recht schnell durch die Bandsäge gezogen habe, könnte sowas ein Problem sein?

Freue mich über jede Art Rat.
Frank

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Re: Hals nach Bandsägeschnitt total verdreht!?

#2

Beitrag von Kellermann » 24.04.2021, 17:38

Bei einem einteiligen Hals ist es natürlich am günstigsten, wenn die Ringe eigentlich stehen. Du hast jetzt auf Grobkontur gesägt. Hast du den anderen auch schon auf Grobkontur gesägt? Könntest du dir vorstellen, beide längs aufzuschneiden, die Teile jeweils zu tauschen, mit einer Mittellage aus anderem Holz zu versehen, also dreiteilige Hälse mit jeweils gespiegelten Ringen oder funzt das nicht?
Ich habe auch schon festgestellt, das Holz auch an der Bandsäge kurzzeitig richtig heiß wurde.
Aber noch ein paar Tage warten, evtl. macht er sich wieder etwas gerade.

Grüße
Kellermann

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Re: Hals nach Bandsägeschnitt total verdreht!?

#3

Beitrag von kehrdesign » 24.04.2021, 21:28

Seit geraumer Zeit schneide ich die Kanteln längs auf, richte die Hälften ab und verleime sie so miteinander, dass das Hirnholz eine V-förmige Maserung zeigt.
Animation anklicken
Animation anklicken
So lassen sich problemlos auch Kanteln mit schrägem Ringeverlauf verarbeiten ohne erhöhte Gefahr des Verziehens. Spannungen im gewachsenen Holz heben sich so großteils gegenseitig auf.

Dein spezielles Problem würde das zwar auch nicht beseitigen (rechtsdrehend bleibt rechtsdrehend egal wie man's hält), aber die zukünftige Stabilität nach dem Abrichten sollte es merklich erhöhen.

Wenn man zudem in deinem speziellen Fall (Brett für zwei Hälse) jeweils die beiden außenliegenden und die beiden innenliegenden Kantelhälften miteinander verleimt, sollte das auch der Langzeitstabilität dienlich sein. Ich habe allerdings auch schon von Fällen gehört, wo eine absolut gerade Kantel alleine durch das Profil-Herausarbeiten sich verdreht hat. Da ist der im Vorteil, der das GB erst nach dem Hals-Profilieren aufleimt und deshalb nochmal leicht abrichten kann.
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Re: Hals nach Bandsägeschnitt total verdreht!?

#4

Beitrag von Knarbens » 01.05.2021, 11:46

Kellermann hat geschrieben:
24.04.2021, 17:38
Bei einem einteiligen Hals ist es natürlich am günstigsten, wenn die Ringe eigentlich stehen. Du hast jetzt auf Grobkontur gesägt. Hast du den anderen auch schon auf Grobkontur gesägt? Könntest du dir vorstellen, beide längs aufzuschneiden, die Teile jeweils zu tauschen, mit einer Mittellage aus anderem Holz zu versehen, also dreiteilige Hälse mit jeweils gespiegelten Ringen oder funzt das nicht?
Ich habe auch schon festgestellt, das Holz auch an der Bandsäge kurzzeitig richtig heiß wurde.
Aber noch ein paar Tage warten, evtl. macht er sich wieder etwas gerade.

Grüße
Kellermann
Hallo Kellermann, danke für deine Rückmeldung! Eigentlich bin ich ein großer Fan von einteiligen Hälsen und hatte bisher auch keine Probleme damit. Leider sind beide Hälse aktuell schon grob zugesägt. Allerdings werde ich wohl in Zukunft mal darüber nachdenken es so zu machen, wie kehrdesign es in seiner Animation zeigt.

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Re: Hals nach Bandsägeschnitt total verdreht!?

#5

Beitrag von Knarbens » 01.05.2021, 12:05

kehrdesign hat geschrieben:
24.04.2021, 21:28
Seit geraumer Zeit schneide ich die Kanteln längs auf, richte die Hälften ab und verleime sie so miteinander, dass das Hirnholz eine V-förmige Maserung zeigt.
anim.gif
Danke für die herrliche Animation! :D Das werde ich demnächst mal versuchen. Problem ist nur, dass ich keine Abrichte habe :|

Ich habe mir meinen Problemhals nochmal angesehen und bemerkt, dass der Faserverlauf an den Außenseiten genau entgegengesetzt ist. Vielleicht verstehe ich es noch nicht richtig und das hängt mit dem Halbriftschnitt zusammen, aber müssten im Idealfall nicht beide Seiten (rot) in die gleiche Richtung verlaufen wenn der Faserverlauf auf der Oberseite gerade ist? Aktuell laufen die Fasern der einen Seite nach oben und auf der anderen Seite nach unten aus. Das könnte doch schon ein Problem sein, oder?
Faserverlauf.jpg

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Re: Hals nach Bandsägeschnitt total verdreht!?

#6

Beitrag von Sven » 01.05.2021, 13:53

Hallo Frank,

was du bschreibst und mit Deiner Zeichnung illustrierst, weist darauf hin, dass das Holz sogar drehwüchsig ist. Drehwüchsiges Holz ist immer ein Problem, insbesondere, wenn man es für einen Hals verwendet. Wenn du das Holz spalten würdest, dann würde der Spalt wahrscheinlich korkenzieherartig verlaufen.
Generell ist das von kehrdesign beschriebene Vorgehen das Mittel der Wahl, um torsionsartiges Verziehen zu verhindern, da die erneut zusammengeleimten Hälften sich in entgegengesetzter Richtung drehen und damit die Torsion gesperrt wird.
Zum Abrichten sollte ein langer Hobel, z.B. eine Rauhbank genügen.
Ich selbst habe mir inzwischen angewöhnt das immer zu machen, denn dadurch bin ich auf der sicheren Seite.

Sven

Knarbens hat geschrieben:
01.05.2021, 12:05
Ich habe mir meinen Problemhals nochmal angesehen und bemerkt, dass der Faserverlauf an den Außenseiten genau entgegengesetzt ist. Vielleicht verstehe ich es noch nicht richtig und das hängt mit dem Halbriftschnitt zusammen, aber müssten im Idealfall nicht beide Seiten (rot) in die gleiche Richtung verlaufen wenn der Faserverlauf auf der Oberseite gerade ist? Aktuell laufen die Fasern der einen Seite nach oben und auf der anderen Seite nach unten aus. Das könnte doch schon ein Problem sein, oder?

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Vom Handwerk kann man sich zur Kunst erheben,
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Re: Hals nach Bandsägeschnitt total verdreht!?

#7

Beitrag von kehrdesign » 01.05.2021, 15:16

@Frank
In deinem speziellen Fall handelt es sich unglücklicherweise nicht nur um Drehwüchsigkeit, sondern auch um ziemlich starke, innere Torsions-Spannungen, die sich erst nach dem Aufschneiden abbauen können. Da hilft nur (möglichst mehrfaches) Aufschneiden, Abrichten und Verleimen. Die von mir oben beschriebene Verleimweise wirkt hauptsächlich Biegespannungen entgegen, dem Verdrehen um die Längsachse hingegen weniger. Wie oben bereits gesagt: Rechtsdrehend bleibt rechtsdrehend und linksdrehend bleibt linksdrehend, egal wie man die Teile anordnet. Primär entscheident wäre in deinem Fall also Spannungsabbau durch Auftrennen.

Das Abrichten erledige ich mittels Oberfräse und Fräslade bzw. Planungs-Jig.

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Re: Hals nach Bandsägeschnitt total verdreht!?

#8

Beitrag von Jans4 » 21.05.2021, 08:50

Es ist immer wieder erstaunlich, worauf man alles so achten muss. Jetzt leben wir in einem Hoch.Technologie-Zeitalter. Wie war die Herstellung von Instrumenten im Mittelalter oder noch davor....

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