Reparatur einer Jazzgitarre

Alles um einen alten Schatz aufzufrischen ... auch am Finish
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Reparatur einer Jazzgitarre

#1

Beitrag von jhg » 21.06.2020, 16:23

Eine typische Jazzgitarre der 60er/70er Jahre kam zu mir. Ein paar Einstellarbeiten sollten gemacht werden, dabei stellte sich heraus, dass ein Deckenbalken lose war. Es war schon schwierig überhaupt einen Finger durch die "F"-Löcher zu bekommen. Also hab ich mir erst mal ein WiFi Endoskop bei Amazon bestellt und laparoskopisch dann den Balken wieder angeleimt. Das ist echt ganz schön tricky. Das Bild der Kamera ist leicht verzögert und man schaut ja von unten an die Decke - das sorgt für einen Knoten im Hirn und macht die feinmotorische Bewegung der Instrumente nicht so einfach.
IMG_20200620_194804.jpg
IMG_20200621_160317.jpg
Wenn man nix sieht und irgendwie so seitenverkehrt arbeitet wird das ein ziemliches Geschmiere - aber ich habe Leim zwischen Balken und Decke bekommen.
20200620194746.jpg
20200620195724.jpg
Nach dem Lösen der Zwinge machte es aber ein häßliches Geräusch im Innern. Bei der neuerlichen Inspektion zeigte sich, dass sich die Decke delaminiert hatte und aufgegangen war. Also zweiter Versuch - jetzt mit Leim zwischen den Sperrholzschichten. Mal schauen, ob es jetzt hält
20200621002612.jpg
20200621160008.jpg
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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#2

Beitrag von Sven » 21.06.2020, 18:14

jhg hat geschrieben:
21.06.2020, 16:23
[...]
Mal schauen, ob es jetzt hält
[...]
Oha. Als nächstes Bild sehen wir dann einen Karsteinbruch auf der Decke?
;-)

Sven
Vom Handwerk kann man sich zur Kunst erheben,
vom Pfusch nie.
(Goethe)

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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#3

Beitrag von jhg » 21.06.2020, 22:15

Sven hat geschrieben:
21.06.2020, 18:14

Oha. Als nächstes Bild sehen wir dann einen Karsteinbruch auf der Decke?
;-)

Sven
:D :D :D

Mein tiefster Respekt gilt den Chirurgen, die sowas den ganzen Tag machen! Durch so ein paar Löcher am Herzen oder der Galle rumzufummeln ist echt kein Spaß!

Bin ganz stolz, dass ich da überhaupt was zusammenbekommen habe. Wie macht ihr denn sowas? Wenn da richtig was im Argen ist, dann hilft echt nur noch den Boden abzumachen ....
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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#4

Beitrag von Gerhard » 22.06.2020, 08:50

jhg hat geschrieben:
21.06.2020, 22:15

...dann hilft echt nur noch den Boden abzumachen ....
Was auch nicht weiter schlimm ist, es sei denn, man bekommt kein passendes Binding mehr. Ich mach meistens den Boden auf bei solchen Sachen, aber du hast das ja top hinbekommen!

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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#5

Beitrag von Drifter » 22.06.2020, 09:00

jhg hat geschrieben:
21.06.2020, 22:15
Sven hat geschrieben:
21.06.2020, 18:14

Oha. Als nächstes Bild sehen wir dann einen Karsteinbruch auf der Decke?
;-)

Sven
:D :D :D

Mein tiefster Respekt gilt den Chirurgen, die sowas den ganzen Tag machen! Durch so ein paar Löcher am Herzen oder der Galle rumzufummeln ist echt kein Spaß!

Bin ganz stolz, dass ich da überhaupt was zusammenbekommen habe. Wie macht ihr denn sowas? Wenn da richtig was im Argen ist, dann hilft echt nur noch den Boden abzumachen ....
Genau diesen Leuten verdanke ich mein Leben, die gerade durch alle natürlichen und künstlichen Löchern alles rausholen, was nicht in meinem Körper hinein gehört.

Sorry für OT, aber es hat sich gerade angeboten.

LG

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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#6

Beitrag von bea » 22.06.2020, 10:19

Gerhard hat geschrieben:
22.06.2020, 08:50
Was auch nicht weiter schlimm ist, es sei denn, man bekommt kein passendes Binding mehr. Ich mach meistens den Boden auf bei solchen Sachen, aber du hast das ja top hinbekommen!
Bei den meisten Archtops sind die Schallöcher aber auch so eng, dass man den Boden abmachen muss.

Die dann entstehenden Lücken im Binding müsste man aber doch durch farblich angepasste Neuware ersetzen können? Oder bei einem einfachen Instrument wie diesem hier die Lücke an den Unterklotz legen und die paar mm offenlassen - in Abstimmung mit dem Kunden.
LG

Beate

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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#7

Beitrag von jhg » 22.06.2020, 13:54

Ja, die Gute hat ein perloid Binding. Das zu ersetzen dürfte einigermaßen schwierig sein.

Ich hab dann noch einen Häussel PU ans Griffbrett geschraubt und eine Endpinbuchse versenkt.
IMG_20200622_130246.jpg
IMG_20200622_134747.jpg
IMG_20200622_134751.jpg
IMG_20200622_122427.jpg
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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#8

Beitrag von polytune » 22.06.2020, 19:35

Ist das eine Hüttl? Wohl laminierte
Decke. Wie klingt die?
Grüße Stefan

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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#9

Beitrag von jhg » 22.06.2020, 19:40

Von wem die ist, hab ich keine Ahnung. Da ist kein Zettel und kein Logo drin oder dran.

Was soll ich sagen zum Klang: ich finde die nicht besonders herausragend - ist halt so eine Vintage - Pappschachtel. Sieht besser aus, als sie klingt. Da sind aber auch noch Flatwounds drauf - die mag ich sowieso nicht.

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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#10

Beitrag von polytune » 22.06.2020, 21:26


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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#11

Beitrag von polytune » 22.06.2020, 21:33


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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#12

Beitrag von jhg » 22.06.2020, 21:49

Ja, die Hüttl Opus "Bella Nova" könnte es sein. Das Schlagbrett fehlt - aber ansonsten kommt das schon so hin.

Die Qualität des Instrumentes ist jetzt nicht so dolle. Die Mittellinie stimmt nicht, der Saitenhalter sitzt ca. 1-2cm neben der Zargenfuge. An einigen Stellen doch etwas "dahingebastelt" - ich denke, das war ein eher günstiges Einsteigermodell. Dafür ist sie aber vom Lack her noch ganz gut in Schuss und auch noch einigermaßen gerade. Interessant ist auch, dass die auf einen einstellbaren Halsstab verzichtet haben (dafür ist es dann auch ein richtiger "Männerhals"- zu kleine Hände darf man dabei nicht haben)

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Re: Reparatur einer Jazzgitarre

#13

Beitrag von Janis » 22.06.2020, 22:28

Das ist, wenn ich minimal offtopich hinzufügen darf, (leider) kein alleiniges Merkmal der Einsteigermodelle in Teilen des
damaligen deutschen Gitarrenbaus. Bei Höfners aus den 50ern ist das gleiche Phänomen zu beobachten.
Ich habe eine 456, die als Mittelklasse galt und der Senator im Selmer Universum entsprach.
Eine typische Jazz-Kiste. Laminiert mit nettem Riegelahorn, zweiteiliger Hals aus Ahorn.
Die beiden Hals-Hälften sind unterschiedlich breit und sind nicht deckungsgleich mit der Korpusmitte.
Im Inneren fliegen noch Zeitungsschnipsel vom Lackieren (damit wurden die ausgestopft, damit nichts reinläuft)
rum. Der Hals ist dick, sehr dick und ohne Stellstab, also eindeutig ein 50er-Jahre Modell.
Mit dem alten FUMA-Pickup macht die aber viel Spaß. 8)
Viele Grüße,
Jan

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